TIBET UND DIE KLIMAKRISE
Das Hochland von Tibet ist ein empfindliches und strategisch wichtiges Ökosystem, das äußerst sensibel auf den Klimawandel reagiert. Als Quelle von acht der großen Flüsse Asiens und Heimat des größten Eisvolumens außerhalb der Pole haben Veränderungen im Ökosystem des tibetischen Hochlands erhebliche Auswirkungen auf regionale und globale Wettermuster, Flusssysteme und die Artenvielfalt.
Tibet erwärmt sich derzeit 2-4 Mal schneller als der globale Durchschnitt. Dies hat das Abschmelzen von Gletschern und Permafrostböden beschleunigt, die Wüstenbildung verschärft und so zum Verlust einer wichtigen Kohlenstoffsenke geführt. Der Klimawandel in Tibet bedroht daher die Lebensgrundlage von mindestens 1,4 Milliarden Menschen sowie die reiche biologische Vielfalt der Region und damit deren Widerstandsfähigkeit gegenüber Umweltbelastungen.
Tibet: Der Dritte Pol
Warum ist die Region des Dritten Pols so wichtig?
Die Region des dritten Pols ist die Quelle von acht der großen Flusssysteme Asiens. Sie versorgt 225 Millionen Menschen direkt mit Süßwasser und erweitert indirekt die Wasserressourcen für über 1,4 Milliarden Menschen, die weiter flussabwärts leben.
Tibet ist die Heimat vier verschiedener Arten von Ökosystemen und liegt im Schnittpunkt dreier Hotspots der biologischen Vielfalt – definiert als die biologisch reichsten und zugleich bedrohten Regionen der Erde.
Das Hochland von Tibet und der Klimawandel
Das tibetische Hochland steht an vorderster Front des Klimawandels, da die Temperaturen dort 2-4 Mal schneller als im globalen Durchschnitt steigen. Selbst wenn die globale Erwärmung auf 1,5 °C begrenzt werden kann, dürften in den nächsten 80 Jahren 36 % der Gletscher am Hindukusch und im Himalaja verschwunden sein. Sollte der Ausstoß an Treibhausgasen nicht reduziert werden, könnte sich der Rückgang sogar auf zwei Drittel erhöhen.
Die Klimaerwärmung in der Region ist das Ergebnis der globalen Erwärmung der Erdatmosphäre, welche durch die regionale und globale Luftverschmutzung vorangetrieben wird. Die Kombination aus Steinkohlenutzung und den Effekten von Urbanisierung und Industrialisierung hat die Auswirkungen der globalen Erwärmung und der Umweltschäden beschleunigt.
Seit den 1980er Jahren haben mehrere Maßnahmen der chinesischen Regierung in das Ökosystem eingegriffen und die Auswirkungen des Klimawandels in Tibet verschärft. Dazu zählen die Privatisierung und Einzäunung von Weideland und die Zwangsansiedlung von mindestens 1,8 Millionen Nomaden sowie die Verstädterung und Zuwanderung in Verbindung mit verstärkten Bergbau- und Infrastrukturprojekten.
Die Kombination aus globaler Erwärmung und nationaler Politik hat die Wüstenbildung verstärkt, was nicht nur zum Verlust einer wichtigen Kohlenstoffsenke geführt, sondern auch die lokale Artenvielfalt verringert hat. Die oben erwähnten innenpolitischen Maßnahmen wurden unter dem Deckmantel der wirtschaftlichen Entwicklung oder des Umweltschutzes und zum großen Nachteil der tibetischen Bevölkerung und der Umwelt durchgeführt.
Tibetische Umweltaktivisten in Haft
Hunderte von tibetischen Umweltaktivisten wurden in den letzten zwei Jahrzehnten verhaftet, während China seine Bergbau-, Infrastruktur- und Urbanisierungsprojekte rücksichtslos vorangetrieben hat.
Sie wurden inhaftiert, weil sie sich beispielsweise friedlich gegen zerstörerische und schädliche Bergbauprojekte eingesetzt haben, weil sie Umweltinitiativen gegründet oder sich für den Erhalt der traditionellen nomadischen Lebensweise stark gemacht haben: Viele von ihnen mussten einen hohen Preis für den Schutz ihrer Umwelt zahlen. Neben langen Haftstrafen erlitten einige von ihnen Folter oder sind sogar in der Haft verstorben.
15 JAHRE HAFT
Quelle: TWA
KARMA SAMDRUP
7 JAHRE HAFT
Quelle: RFA
ANYA SENGDRA
13 JAHRE HAFT
Quelle: tibet.net
CHOEKYAB
11 JAHRE HAFT
Quelle: GfbV
DORJEE DAKTAL
Karma Samdrup, Anya Sengdra, Choekyab und Dorjee Daktal sind nur vier Namen unter vielen. Sie alle sitzen bis heute zu Unrecht in Haft.
ICT hat einen Bericht über alle bekannten tibetischen Umweltaktivisten erstellt, die seit 2008 von Chinas Regierung verfolgt, willkürlich inhaftiert, vor Gericht gestellt und/oder verurteilt wurden.
Die Tibeter und ihr über Generationen erworbenes und bewahrtes kollektives Wissen müssen Teil jeder verantwortlichen Umwelt- und Klimapolitik in Tibet sein. Sie leben seit Jahrhunderten in Tibet und sind die natürlichen und traditionellen Beschützer ihrer Heimat: Die Tibeter sind die Menschen vor Ort, die wissen, wie sich die Umgebung mit den Jahreszeiten verändert, wann das Wetter ungewöhnlich ist, wie sich die einheimischen Tiere verhalten und wie man sich in schwierigem Gelände und unter schwierigen Bedingungen zu Fuß, zu Pferd oder mit Yaks fortbewegt. Echter Umweltschutz in Tibet kann nicht ohne sie und schon gar nicht gegen sie funktionieren!
Im tibetischen Ansatz zum Umweltschutz sind alle Lebewesen gleich. Der westliche Ansatz weist bestimmte Orte als geschützt aus und lässt andere Orte außen vor….Der Lebensunterhalt und die Perspektiven der lokalen Bauern und Nomaden sind für einen erfolgreichen Umweltschutz von zentraler Bedeutung.
Ein tibetischer Umweltaktivist
Was geschehen muss
- Tibet ist das Zentrum des asiatischen Wasserkreislaufs. Wir müssen seine Bedeutung für Asien und das globale Klimasystem hervorheben.
- Wir brauchen einen regionalen, länderübergreifenden Ansatz für Klimareaktionen in Tibet und auf der ganzen Welt. Dieser beginnt mit dem freien Zugang nach Tibet insbesondere für Wissenschaftler, Klimaexperten und Journalisten.
- Wir müssen anerkennen, dass Tibet aufgrund der großen Höhenlage und der Einschränkungen für lokale Umweltschützer durch den Klimawandel besonders gefährdet ist.
- Bei der Gestaltung der Klimapolitik müssen die lokalen Gemeinschaften beteiligt werden. Ihnen muss Zugang zu Informationen gegeben werden sowie die Möglichkeit, selbst den Schutz ihrer Umwelt mitzugestalten.
- Die zu Unrecht inhaftierten tibetischen Umweltaktivisten müssen freigelassen werden.
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