Pressemitteilung: Tibet: 26 Nonnen aus Kloster verwiesen / „Illegal“ errichtete religiöse Stätten von Zerstörung bedroht / Neue „Korrektur“-Verordnung stellt bürgerliche Freiheiten für Tibeter komplett in Frage
Berlin, 21. November 2014. Ein neuer Bericht der International Campaign for Tibet (ICT) beschreibt den sich weiter verschärfenden Kurs der staatlichen Behörden gegenüber der tibetischen Bevölkerung, der exemplarisch in einer neuen Verordnung des Landkreises Driru (chin.: Biru) in der zur Autonomen Region Tibet (TAR) zählenden Präfektur Nagchu (chin.: Naqu) seinen Ausdruck findet. Die im Rahmen einer so genannten „Korrektur“-Kampagne erlassene Verordnung stellt nach Einschätzung der International Campaign for Tibet bei harter Auslegung die bürgerlichen Freiheiten der Tibeter komplett in Frage. ICT hat die „Korrektur“-Verordnung aus Driru aus dem Tibetischen ins Englische übertragen und in ihren Bericht aufgenommen. Darin ist unter anderem vorgesehen, dass als „illegal“ eingestufte religiöse Stätten, wie Klöster oder in der Landschaft platzierte Mani-Steine von den Behörden zerstört werden können. Zudem sind für das „illegale“ Errichten solcher religiöser Stätten, aber auch auf den bloßen Besitz von Abbildungen des Dalai Lama harte Strafen vorgesehen.
Kurz nach Erlass der „Korrektur“-Verordnung wurden mindestens 26 Nonnen aus einem Kloster in Driru ausgewiesen, wo sie sich nach Behördeneinschätzung unberechtigterweise aufgehalten hatten. Von staatlicher Seite war verfügt worden, dass höchstens 140 Nonnen dauerhaft in dem traditionsreichen Kloster Jada leben dürften. Nach einer Razzia wurden dann am 15. November mindestens 26 Nonnen nach Feststellung ihrer Personalien des Klosters verwiesen. Die Bewohnerinnen des Klosters hatten sich zuvor den Unmut der Behörden zugezogen, weil sie sich weigerten, wie von ihnen verlangt, den Dalai Lama öffentlich zu diffamieren.
Die „Korrektur“-Verordnung ist in einer unklaren Sprache verfasst, die es den Behörden offensichtlich ermöglicht, sie nach Gutdünken zu interpretieren. So heißt es darin, dass Mönche und Nonnen, die „sich in Regierungsangelegenheiten, in Angelegenheiten der Verwaltung, der Justiz oder der Erziehung einmischen“ nicht nur aus ihren Klöstern entfernt, sondern auch einer sechsmonatigen zwangsweisen „Rechtserziehung“ unterzogen werden können, Letzteres eine Chiffre für die gehirnwäscheartige, so genannte „patriotische Umerziehung“. Zudem können sie dafür strafrechtlich belangt werden. Was dabei konkret unter „Einmischung“ zu verstehen ist, bleibt völlig im Dunkeln und bietet den Behörden eine Handhabe gegen jegliche Form des Engagements in der Gemeinde, beispielsweise im Erziehungsbereich. Ausgegangen werden muss davon, dass diese Verordnung alle bürgerlichen Freiheiten in Tibet unter den Vorbehalt einer behördlichen Genehmigung stellt und kommt somit ihrer Abschaffung gleich. Ebenfalls mit Bestrafung bedroht sind Mönchen und Nonnen, die sich „vermittelnd in gesellschaftliche Auseinandersetzungen einmischen“, eine Rolle, die in Tibet traditionell dem geistlichen Stand zukommt und in der Vergangenheit häufig geholfen hat, gewaltsame Auseinandersetzungen zu verhindern. In der jüngeren Vergangenheit haben religiöse Autoritäten mehrfach erfolgreich in Konflikten zwischen staatlichen Behörden und der Bevölkerung vermittelt, etwa wenn es um die Enteignung von Land oder die Einzäunung von nomadisch genutztem Weideland ging.
Auch einfache Tibeter sind mit teilweise existenzbedrohenden Strafen konfrontiert. So sieht die Verordnung vor, dass „religiöse Laien, die Bilder des Dalai Lama aufhängen oder heimlich aufbewahren“ zu sechs Monaten „Rechtserziehung“ gezwungen werden sollen und ihnen zudem für zwei Jahre die Berechtigung entzogen wird, Yartsa Gunbu zu sammeln, den Raupenpilz, der in Tibet für weite Teile der Bevölkerung eine unverzichtbare Einkommensquelle darstellt. Offenbar sind die Behörden zu dem Schluss gekommen, dass „patriotische Umerziehung“ alleine nicht zu dem gewünschten Ergebnis führt und haben daher den Strafenkatalog ausgeweitet.
Die „Korrektur“-Kampagne in Driru bestätigt einen Trend zur harten Bestrafung von Einzelpersonen und zunehmend auch ganzer Gemeinschaften, mittels derer offensichtlich eine Zustimmung zur offiziellen Politik erzwungen werden soll. Die Führung der Kommunistischen Partei in Tibet hatte kürzlich angedroht, diejenigen Tibeter hart zu bestrafen, die dem Dalai Lama folgten oder "Separatismus" unterstützten. Offensichtlich waren damit auch Mitglieder der Partei gemeint – ein seltenes Eingeständnis des Scheiterns der Bemühungen, die Loyalität zum Dalai Lama in der tibetischen Bevölkerung auszulöschen. Vorausgegangen war die Visite einer Delegation der Disziplinarabteilung der KP. Offiziell hieß es, Tibet werde nicht von der „Anti-Korruptionskampagne“ des Staats- und Parteichefs Xi Jinping ausgenommen. Deutlich wird damit die starke Politisierung, die diese Kampagne in Tibet erfährt.
Den vollständigen englischsprachigen ICT-Bericht können Sie hier herunterladen: https://savetibet.de/fileadmin/user_upload/content/berichte/Aktuelle_Berichte/ICT_Bericht_20112014.pdf.
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Die International Campaign for Tibet (ICT) setzt sich als weltweit größte Tibet-Organisation seit mehr als 20 Jahren für die Wahrung der Menschenrechte und das Selbstbestimmungsrecht des tibetischen Volkes ein. ICT unterhält Büros in Washington, D.C., Amsterdam, Brüssel, London und Berlin sowie ein Rechercheteam in Dharamsala, Indien.
Berlin, 16. März 2011. Der 21 Jahre alte tibetische Mönch Phuntsog aus dem Kloster Kirti in Ngaba (chin.: Aba) in der chinesischen Provinz Sichuan hat sich heute Morgen öffentlich angezündet und ist anschließend seinen Verletzungen erlegen. Augenzeugen in Kontakt mit tibetischen Exil-Quellen zufolge soll die Polizei die Flammen gelöscht und auf Phuntsog eingeschlagen haben. Kurz danach sei der Mönch gestorben. Die Selbstverbrennung Phuntsogs fiel zusammen mit dem dritten Jahrestag der blutigen Niederschlagung des friedlichen Protests im Kloster Kirti im Jahre 2008. Dabei waren mindestens zehn Tibeter von chinesischen Sicherheitskräften erschossen worden.

Der Tod Phuntsogs führte anschließend zu einer großen Demonstration, an der sich mehrere Hundert Mönche und weitere Tibeter beteiligten, wie dieselben Quellen berichten. Diesen Protestzug habe die Polizei gewaltsam gestoppt und dabei eine unbekannte Anzahl von Mönchen verhaftet sowie protestierende Tibeter geschlagen. Der Leichnam Phuntsogs wurde unterdessen ins Kloster Kirti zurückgebracht. Wie ein tibetischer Mönch im nordindischen Dharamsala sagte, seien die Mönche in Kirti „eher bereit zu sterben, als Phuntsogs Leiche den chinesischen Behörden zu übergeben“. Inzwischen soll das Kloster von chinesischem Militär umstellt sein, offenbar seien auch einige Telefonverbindungen unterbrochen worden.

Die Selbstverbrennung Phuntsogs ist bereits die zweite im Kloster Kirti seit dem Frühjahr 2008. Im Februar 2009 hatte sich der Mönch Tapey ebenfalls in Brand gesetzt, nachdem eine Gebetszeremonie innerhalb des Klosters von den chinesischen Behörden untersagt worden war. Tapey überlebte, wurde allerdings anschließend inhaftiert. Wo er derzeit festgehalten wird, ist unbekannt. Nach Einschätzung der International Campaign for Tibet (ICT) ist der aktuelle Vorfall in hohem Maße erschütternd. Phuntsogs Selbstverbrennung zeige auf drastische Art die Verzweiflung der Tibeter über die kompromisslose Linie Pekings in ihrer Heimat.

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