Sollten ARD, ZDF und Eurosport 1 schöne Bilder von Wettkämpfen und Sportstätten zeigen, während in Tibet Menschenrechte mit Füßen getreten werden?
 Foto: picture alliance/AP Photo | Ng Han Guan

Mehr als 200 internationale Menschenrechtsorganisationen, darunter die International Campaign for Tibet (ICT), haben weltweit an die Fernsehsender appelliert, die Olympischen Winterspiele in Peking nicht im Fernsehen zu übertragen. Auch ARD, ZDF und Eurosport 1 laufen aus Sicht von ICT Gefahr, mit der Übertragung der Spiele nicht nur sich selbst, sondern auch die Sportler und die deutschen Zuschauer zu Komplizen der Kommunistischen Partei (KP) Chinas zu machen, indem sie ein falsches und positives Bild im Sinne der Propaganda Pekings verbreiten und damit helfen, von schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen abzulenken. Dafür sind nicht nur die vielen Millionen öffentlich-rechtlicher Gebührengelder für die Übertragungsrechte ein hoher Preis, auch moralisch-ethische Grundsätze werden so für gute Zuschauer-Quoten beiseitegeschoben.

Nicht nur das IOC, sondern auch die deutschen Fernsehsender haben offensichtlich keine Lehren aus der ersten Vergabe Olympischer Spiele nach Peking 2008 gezogen, als die chinesische Regierung bereits im Vorfeld eine Verbesserung der Menschenrechtslage und eine Öffnung des Landes versprach, zu der es nie kam. Ebenso wenig wurde seitdem die gewaltsame Niederschlagung der Proteste 2008 in Tibet aufgearbeitet, während dort heute Überwachung, Indoktrination und „Sinisierung“ allgegenwärtig sind. Dennoch haben die deutschen Fernsehsender ihre eigene Rolle als Berichterstatter scheinbar nach den Sommerspielen 2008 und jetzt vor den Winterspielen 2022 nie hinterfragt.

Im für öffentlich-rechtliche Sender verbindlichen Medienstaatsvertrag steht unter „Allgemeine Grundsätze“: „Die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, das ZDF, das Deutschlandradio und alle Veranstalter bundesweit ausgerichteter privater Rundfunkprogramme haben in ihren Angeboten die Würde des Menschen zu achten und zu schützen; die sittlichen und religiösen Überzeugungen der Bevölkerung sind zu achten. Die Angebote sollen dazu beitragen, die Achtung vor Leben, Freiheit und körperlicher Unversehrtheit, vor Glauben und Meinungen anderer zu stärken.“

Werden ARD und ZDF diesen Grundsätzen gerecht, wenn sie schöne Bilder von Wettkämpfen und Sportstätten zeigen und dem KP-Regime damit ermöglichen, sich im In- und Ausland positiv zu inszenieren, während etwa in Tibet, in der Uigurenregion Xinjiang (Ost-Turkestan) oder in Hongkong die Menschenrechte mit Füßen getreten werden?

Ist es also richtig, wenn ARD, ZDF und Eurosport 1 den Machthabern in China die Bühne bieten, um ihre Narrative zu verbreiten und den Zuschauern ein überwiegend positives Bild Chinas zu vermitteln? Ist es vertretbar, dabei mit chinesischen Staatsmedien zusammenzuarbeiten, die beispielsweise unter Folter erzwungene Geständnisse von Dissidenten, Menschenrechtsanwälten, Anhängern der Demokratiebewegung und ausländischen Journalisten oder NGO-Mitarbeitern ausstrahlen? Ist es bereits zu spät dafür, dass sich Mitarbeiter und Verantwortliche von ARD und ZDF nach ihrem journalistischen Selbstverständnis fragen?

Dass Olympische Spiele keinesfalls unpolitisch sind, wenn sich autokratische Regime dadurch selbst inszenieren können, während die Athleten vom IOC einen Maulkorb erhalten und sich nicht zu Politik und Menschenrechten äußern dürfen, scheint den Redaktionen von ARD und ZDF indessen durchaus bewusst zu sein. Das zeigen beispielsweise Dokumentationen wie „Im Schattenreich der Ringe – Das IOC und die Menschenrechte“, „Olympia ohne Skrupel – Wie das IOC vor China kuscht“ oder „Olympia in der Diktatur“.

Doch was nutzen spät in der Nacht gesendete kritische Dokumentationen, die nur wenige Menschen erreichen? Werden die Zuschauer am Ende nicht doch in erster Linie schöne Bilder vom Biathlon und jubelnde Athleten in Erinnerung behalten, während Menschenrechtsverstöße zur lästigen Nebensache werden? Und ist nicht genau das im Interesse von ARD, ZDF und auch Eurosport: schöne Bilder sorgen für Einschaltquoten, nicht kritische Berichterstattung.

Richtig wäre es, wenn Politik, Sportverbände, Sportler und Medien dem Beispiel von Felix Neureuther folgen, Verantwortung übernehmen und sich gemeinsam zu Peking 2022 ein paar ganz grundsätzliche Fragen stellen.

Autor: Telis Koukoullis, International Campaign for Tibet

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