Kundgebung regierungstreuer Chinesen in Berlin gegen die Tibet-Berichterstattung in den deutschen Medien

Foto: ICT

Kann die demokratische Gesellschaft den Kampf gegen Autoritarismus und Ungeist gewinnen, wenn sich ihre eigenen Institutionen an Diktaturen verkaufen? Diese Frage stellt sich wieder einmal seit dem letzten Freitag, auch und gerade in Deutschland. Und sie stellt sich in besonders drängender Weise, da die Süddeutsche Zeitung, nach eigenem Bekunden „die größte überregionale Qualitätstageszeitung Deutschlands“, die sich auszeichnen soll durch „meinungsfreudigen und unabhängigen Journalismus“, am 10. November mit ihrer Deutschlandausgabe ein Pamphlet des chinesischen Staats- und Parteiblatts China Daily verbreitet hat. Unter dem Titel „China Watch“ wird vielsagend versprochen „All you need to know“.

Was folgt ist vorhersehbar. Auf sechzehn Seiten finden sich Jubelbotschaften aus dem Reich der Mitte. Den Titel zieren gleich zwei Fotos mit Xi Jinping, die Überschrift sieht das Land „auf dem Weg zu neuer Stärke“. Natürlich dürfen da weder die Pandas im Berliner Zoo fehlen, noch deutsche Expats, die in China mit Bierkrügen Oktoberfest feiern. Und mittendrin ein riesiges Schaubild „Die KP Chinas in Zahlen“. Propaganda eines autoritären Staates in Reinkultur, verbreitet durch ein westliches Massenmedium. Worin, möchte man grundsätzlich fragen, besteht der Unterschied zwischen den offenbar von Russland bezahlten Facebook- und Twitter-Anzeigen, die massiv auf die US-Präsidentschaftswahl Einfluss genommen haben, und der Schaltung einer China Daily – Beilage in der Süddeutschen Zeitung?

Die Beilage der China Daily ist dort indes kein Einzelfall. Schon im Juli hatte die Süddeutsche Zeitung, rechtzeitig zum G20 Gipfel, eine mehrseitige Anzeige der staatlichen chinesischen Agentur Xinhua geschaltet. Der Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung dürfte jedenfalls bekannt gewesen sein, mit wem sie es hier zu tun hat. Zum einen durch sorgfältige Lektüre ihrer eigenen Zeitung, zum anderen auch durch offenbar heimelige Treffen mit Vertretern der chinesischen Staatsmedien selbst, etwa beim nunmehr erweiterten „Mediendialog China-Deutschland-USA“, eine Erfindung der Robert-Bosch-Stiftung, über die wir an dieser Stelle schon berichtet haben. Vielleicht haben sich ja zuletzt etwa beim lustigen Tischfussballspiel mit den “Feinden der Pressefreiheit” weitere gute Geschäfte angebahnt?

Weniger Spaß verstehen die chinesischen Staatsmedien beim Umgang mit Dissens und Pluralismus. So haben sie aktiv daran mitgewirkt, „Geständnisse“ von Menschenrechtsaktivisten, Bloggern, Buchhändlern und Journalisten zu erpressen und diese öffentlich vorzuführen. Diese an die Kulturrevolution erinnernde Praxis ist menschenrechtswidrig und verletzt die Persönlichkeitsrechte und die Freiheit der betroffenen Personen in hohem Maße. Sie schüchtert Andersdenkende ein und trägt so ganz unzweifelhaft dazu bei, das Klima der Unterdrückung unter Xi Jinping zu verschärfen. China Daily und Xinhua sind als staatlich kontrollierte Medien wesentlicher Bestandteil dieser Repression.

Die Süddeutsche Zeitung, will sie wirklich ihrem Anspruch als Qualitätszeitung gerecht werden und will sie ihre Glaubwürdigkeit als unabhängiges Medium wahren, darf keine Propaganda autoritärer Staaten verbreiten, die sich schwerer Menschenrechtsverletzungen schuldig gemacht haben. Sie muss zudem im konkreten Fall offenlegen, in welcher Höhe sie sich die Anzeigen und Beilagen chinesischer Staatsmedien hat vergüten lassen (Schreiben der International Campaign for Tibet an die Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung vom 13.11.2017).

In Deutschland stehen die Türen für autoritäre Politik und Ideen sperrangelweit offen. Aufgetan haben sie ironischerweise auch diejenigen, die sich als Säule demokratischer Gesellschaften verstehen – und dies auch zweifellos sein sollten: Medien, Universitäten, sogar Nichtregierungsorganisationen. Wird ein Umdenken stattfinden, bevor es zu spät ist?

Autor: Kai Müller, Geschäftsführer der International Campaign for Tibet

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