Berlin, 01.04.2025. In einem am 27. März veröffentlichten Schreiben an die chinesische Regierung haben drei UN-Sonderberichterstatter Kritik an der Verurteilung des tibetischen Umweltaktivisten Tsongon Tsering geübt. Wie die International Campaign for Tibet (ICT) im Oktober 2024 berichtete, steht die Inhaftierung von Tsongon Tsering im Zusammenhang mit Protesten gegen illegalen Sand- und Kiesabbau im Dorf Tsaruma im Osten Tibets. Die UN-Experten fordern von der chinesischen Regierung unter anderem Aufklärung über die gegen Tsering erhobenen Vorwürfe und seinen aktuellen Aufenthaltsort sowie über seinen Gesundheitszustand.
Aus Sicht von ICT verdeutlicht der Fall von Tsongon Tsering, dass die chinesischen Behörden immer wieder diejenigen verfolgen, die Versäumnisse der Kommunistischen Partei Chinas beim Umweltschutz aufdecken und dabei insbesondere auf die Untätigkeit und die Korruption von Parteifunktionären beim Schutz der für die Wasserversorgung ganz Asiens immens wichtigen tibetischen Gewässer hinweisen.
In dem Schreiben, einem sogenannten „Allegation Letter”, einem Instrument, das UN-Experten gegenüber Regierungen zur Verfügung steht, äußern die Experten unter anderem „ernsthafte Besorgnis über die Inhaftierung und die Anklage gegen Herrn Tsering, die offenbar auf seine Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und seine Arbeit zum Schutz der Umwelt abzielt. Solche Handlungen beeinträchtigen seine Fähigkeit, seine wichtige Arbeit als Menschenrechtsverteidiger auszuüben, verletzen seine Grundfreiheiten, insbesondere sein Recht auf freie Meinungsäußerung, und behindern seine Rolle als Menschenrechtsverteidiger. (…) Wir sind ebenso beunruhigt über den Mangel an Informationen über die körperliche Unversehrtheit, Sicherheit und das Wohlergehen von Herrn Tsering, da sein Aufenthaltsort weiterhin unbestätigt ist.”
„Wir begrüßen das Schreiben der drei UN-Sonderberichterstatter und teilen ihre Besorgnis. Die chinesische Regierung muss die in diesem Zusammenhang an sie gestellten Fragen unverzüglich, wahrheitsgemäß und umfassend beantworten. Die ICT wird den Fall von Tsongon Tsering weiterhin beobachten und wir appellieren an die Vereinten Nationen, das Wohlergehen von Tsongon Tsering und die Menschenrechtsverletzungen gegen alle Tibeter genau im Auge zu behalten. Wir fordern die sofortige Freilassung von Tsongon Tsering und ein Ende der anhaltenden Angriffe auf die grundlegenden Menschenrechte aller Tibeter“, erklärte ICT-Geschäftsführer Kai Müller.
In ihrem Schreiben vom 21. Januar 2025 heben die UN-Sonderberichterstatter Tserings Arbeit als Umweltaktivist hervor. Der Tibeter leitet eine Freiwilligeninitiative von rund 50 Mitgliedern, die sich für den Schutz ihrer lokalen Umwelt einsetzen.
Bei seiner ersten Inhaftierung wurden Tsering und seine Familie zwei Tage lang festgehalten und verhört, bevor sie freigelassen wurden. Einen Tag später wurde er erneut festgenommen und bis zu seiner Anhörung ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten. Seine Familie berichtete, sie sei darüber informiert worden, dass die Ausweisinformationen aller Personen, die an seinem Prozess teilnehmen, gesammelt würden.
Aus diesem Grund, so heißt es in dem Brief der UN-Sonderberichterstatter weiter, „[…] nahmen Berichten zufolge viele von Herrn Tserings Verwandten nicht an der Verhandlung teil, weil sie befürchteten, dass die gesammelten Ausweisinformationen später missbraucht werden könnten, um ihnen den Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen zu verweigern. Am selben Tag wurde Herr Tsering wegen ‚Störung der sozialen Ordnung‘ verurteilt und vom Volksgericht des Bezirks Kyungchu zu acht Monaten Gefängnis verurteilt.“
Seit der ersten Verurteilung wurde die achtmonatige Haftstrafe von Tsongon Tsering um weitere 8 Monate verlängert, weil er sich weigerte, sich in seinen Anklagepunkten schuldig zu bekennen. Nach Informationen, die ICT vorliegen, ist zu befürchten, dass seine inzwischen 16-monatige Haftstrafe weiter verlängert werden könnte, um ihn für seinen Protest zu bestrafen und eine Warnung an andere Tibeter zu senden.
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Die International Campaign for Tibet (ICT) setzt sich als weltweit größte Tibet-Organisation seit 30 Jahren für die Wahrung der Menschenrechte und das Selbstbestimmungsrecht des tibetischen Volkes ein. ICT unterhält Büros in Washington, D.C., Amsterdam, Brüssel und Berlin sowie ein Rechercheteam in Dharamsala, Indien.