Berlin, 11.04.2025. Ein bedeutender buddhistischer Klostervorsteher, der Tibeter Tulku Hungkar Dorjee, ist am 29. März unter ungeklärten Umständen in Ho-Chi-Minh-Stadt (Vietnam) verstorben. Die International Campaign for Tibet (ICT) fordert sowohl von der vietnamesischen, als auch von der chinesischen Regierung eine restlose Aufklärung des Falles. Die chinesischen Behörden hatten die Mönche des Kloster Lung-ngon im Kreis Gade (Gande) in der tibetisch-autonomen Präfektur Golog (Guoluo) über den Tod ihres Abtes informiert, nachdem dieser im Juli 2024 plötzlich verschwunden war. ICT befürchtet, dass der Tod des Abtes einen politischen Hintergrund haben könnte, da sich Tulku Hungkar Berichten zufolge Vorgaben der chinesischen Behörden widersetzt und sich für den Erhalt der tibetischen Kultur eingesetzt hatte.
Das Kloster Lung-ngon gab am 3. April eine offenbar erzwungene Erklärung ab, in der behauptet wurde, Tulku Hungkar Dorjee sei im vergangenen Jahr ohne großes Aufhebens zu Exerzitien ins Ausland aufgebrochen. Anhänger Tulku Hungkar Dorjees wiesen die Darstellung der Klosterverwaltung zurück, die offenkundig von den chinesischen Behörden diktiert worden war.
„Der Tod von Tulku Hungkar Dorjee und die Umstände, unter denen er zuvor aus Tibet verschwunden ist, müssen restlos aufgeklärt werden. Wir fordern eine lückenlose und unabhängige Untersuchung des Falles, für die sich auch die internationale Gemeinschaft bei der chinesischen und vietnamesischen Regierung einsetzen sollte. Ebenso muss sichergestellt werden, dass die Angehörigen von Tulku Hungkar Dorjee in Tibet in angemessener Weise über sämtliche Ergebnisse der Untersuchung informiert werden und dass sein Leichnam danach so schnell wie möglich an seine Familie zurückgegeben wird, damit er nach tibetisch-buddhistischer Tradition bestattet werden kann“, erklärte ICT-Geschäftsführer Kai Müller.
Wie Radio Free Asia berichtete, traf am 5. April ein Team, bestehend aus fünf Mönchen des Klosters Lung-ngon und sechs Beamten der Provinz Qinghai für Sicherheit, Einheitsfrontarbeit und Religion in Vietnam ein, um Tulkus Leichnam abzuholen. Den Mönchen sei jedoch verweigert worden, den Leichnam von Tulku Hungkar Dorjee zu sehen, wie ihnen zuvor zugesichert worden war, weshalb sie sich geweigert hätten, ein Dokument zu unterschreiben, um den Tod ihres Abtes zu bestätigen. Außerdem habe unter Ausschluss der fünf Mönche ein Treffen der Beamten in der chinesischen diplomatischen Vertretung in Vietnam stattgefunden. Am 8. April seien die tibetischen Mönche angewiesen worden, Vietnam zu verlassen.
Wie die in Indien erscheinende Tibet Times berichtete, sei Tulku Hungkar immer wieder wegen seiner Bemühungen um die Bewahrung der tibetischen Kultur ins Visier der chinesischen Behörden geraten. Von Juni 2024 an sei er heftigen Schikanen ausgesetzt gewesen, weil er sich geweigert habe, den von der chinesischen Regierung ernannten und von den Tibetern nicht anerkannten Panchen Lama, Gyaltsen Norbu, in der erwünscht aufwendigen Weise zu empfangen, als dieser Golog besuchte.
Danach hätten seine Schüler und Anhänger vergeblich versucht, Tulku Hungkar in seinem Kloster zu treffen, weil er plötzlich verschwunden sei. Das habe den Verdacht genährt, dass er entweder von den chinesischen Behörden verschleppt oder ins Exil geflohen sei. Sein Verbleib sei bis vor kurzem unklar gewesen, bis die chinesischen Behörden einige Mönche im Kloster über seinen Tod informiert hätten, ohne weitere Details zu nennen, so die Tibet Times weiter.
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Die International Campaign for Tibet (ICT) setzt sich als weltweit größte Tibet-Organisation seit 30 Jahren für die Wahrung der Menschenrechte und das Selbstbestimmungsrecht des tibetischen Volkes ein. ICT unterhält Büros in Washington, D.C., Amsterdam, Brüssel und Berlin sowie ein Rechercheteam in Dharamsala, Indien.