Berlin, 19.06.2025. Die International Campaign for Tibet (ICT) ist zutiefst besorgt über die Verurteilung und den Gesundheitszustand zweier hochrangiger tibetischer Mönche in der Gemeinde Wangbuding im Bezirk Derge in der als „autonom“ deklarierten tibetischen Präfektur Kardze. Augenzeugen zufolge wurden Gonpo, der Hauptverwalter des Klosters Yena, sowie Sherab, Abt desselben Klosters, von den chinesischen Behörden zu drei- und vierjährigen Haftstrafen verurteilt, weil sie 2024 an in Tibet seltenen öffentlichen Protesten gegen ein geplantes Staudammprojekt der chinesischen Regierung beteiligt waren, so ein Bericht von Radio Free Asia (RFA). Wie die zwei Augenzeugen, die anonym bleiben möchten, weiter berichten, sei der Zustand von Gonpo aufgrund von Folter in der Haft kritisch, und er sei auf die Intensivstation eines Krankenhauses in Chengdu verlegt worden.
„Die Verurteilung von Sherab und Gonpo zeigt ein weiteres Mal das ganze Ausmaß fehlender Rechtsstandards in Tibet. Besonders schockierend sind die Berichte über Folter in Haft. Die zu Unrecht inhaftierten Tibeter müssen unverzüglich freigelassen werden. Ihnen muss der Zugang zu einem Rechtsbeistand ermöglicht und sie müssen angemessen medizinisch versorgt werden“, erklärte ICT-Geschäftsführer Kai Müller.
Die beiden Oberhäupter des Yena-Klosters wurden im Februar 2024 zusammen mit Hunderten tibetischer Mönche und Anwohner festgenommen, weil sie friedlich für einen Stopp des Baus des 1.100-Megawatt-Gangtuo-Staudamms am Drichu-Fluss (Chinesisch Jinsha) protestiert hatten, für dessen Bau in der Folge mehrere Klöster von historischer Bedeutung, darunter die Klöster Yena und Wonto, überflutet und Gemeinden von mindestens zwei großen Dörfern umgesiedelt wurden. Das Kloster Yena ist offenbar weiterhin besonders starken Repressionen ausgesetzt.
Viele der seinerzeit festgenommenen Demonstranten wurden Berichten zufolge schwer geschlagen und misshandelt. Während einige der Demonstranten später freigelassen wurden, sind wichtige Mönchs- und Dorfvorsteher, die von den Behörden verdächtigt wurden, eine führende Rolle bei den Protesten gespielt zu haben – wie der leitende Verwalter des Klosters Wonto, Tenzin Sangpo, und der Dorfbeamte Tenzin – seitdem immer noch in Haft.
Im September 2024 hatte eine große Zahl unabhängiger UN-Menschenrechtsexperten In einem Schreiben an die chinesische Regierung ihre „tiefe Sorge“ über das Vorgehen der chinesischen Behörden gegen Staudammproteste in der tibetischen Region Derge geäußert. Wie ICT berichtete, forderten die unabhängigen Expertinnen und Experten darin von der chinesischen Regierung Aufklärung über zahlreiche Berichte, darunter Video- und Bilddokumente, über Festnahmen und offensichtlich gewaltsames Vorgehen der Behörden gegenüber friedlich protestierenden Tibetern.
Die Experten – UN-Sonderberichterstatter und UN-Arbeitsgruppen – hatten sich überdies tief besorgt über die Auswirkungen der chinesischen Entwicklungspolitik gezeigt. ICT hatte mit einer im Dezember 2024 erschienenen Studie detailliert über die massiven Ausmaße der Staudamm- und Wasserkraftprojekte in Tibet berichtet.
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Die International Campaign for Tibet (ICT) setzt sich als weltweit größte Tibet-Organisation seit 30 Jahren für die Wahrung der Menschenrechte und das Selbstbestimmungsrecht des tibetischen Volkes ein. ICT unterhält Büros in Washington, D.C., Amsterdam, Brüssel und Berlin sowie ein Rechercheteam in Dharamsala, Indien.