Berlin, 21.10.2024. Ein junger tibetischer Whistleblower aus der Stadt Ngaba (chinesisch: Aba, Provinz Sichuan) hat auf der chinesischen Social-Media-Plattform WeChat auf massive Umweltschäden in seiner osttibetischen Heimatstadt Tsaruma (Chá’ěrmǎ) aufmerksam gemacht. In seinem vor einigen Tagen veröffentlichten Video-Statement prangert der Tibeter Tsongon Tsering die Verantwortungslosigkeit von Unternehmen beim Abbau von Sand und Kies in einem wichtigen Zufluss des Gelben Flusses an. Tsering kritisiert darüber hinaus die mangelnde Bereitschaft der chinesischen Regierung, die für die Wasserversorgung ganz Asiens immens wichtigen tibetischen Gewässer vor illegalen Eingriffen zu schützen.
Die International Campaign for Tibet (ICT) ist zutiefst besorgt darüber, dass der 29-jährige tibetische Umweltverteidiger Gefahr läuft, von den chinesischen Behörden verfolgt zu werden, weil er seine Kritik an den Umweltschäden zum Ausdruck gebracht und öffentlich Konsequenzen gefordert hat.
Das Video wurde bekannt, als die UN-Sonderberichterstatterin für den Schutz von Menschenrechtsverteidigern, Mary Lawlor, in ihrem turnusmäßigen Bericht an die UN-Generalversammlung unter anderem die Verfolgung von Tibetern kritisierte, die sich für den Schutz von Umwelt und Natur einsetzen.
„Die chinesische Regierung muss endlich aufhören, Tibet ohne Rücksicht auf Mensch und Natur auszubeuten. Sie muss die Rechte von Tibetern respektieren, die gegen die Zerstörung ihres Landes und die Bedrohung ihrer traditionellen Lebensweisen protestieren. Ebenso darf die internationale Gemeinschaft nicht tatenlos zusehen, wie für den Bau von Wasserkraftwerken oder durch illegalen Bergbau tibetische Klöster und Dörfer zerstört werden. Die in diesem Fall beklagte Umweltzerstörung ist ein Abbild einer Realität in Tibet, die die chinesische Regierung gezielt verschweigen will.“, erklärte ICT-Geschäftsführer Kai Müller.
Im Video-Statement des jungen Tibeters ist der Tsarama-Fluss zu sehen, der durch die Gemeinde Tsaruma im Bezirk Kakhog (Hongyuan) fließt. Der Tsarama-Fluss ist ein Nebenfluss an der Quelle vieler asiatischer Flusssysteme, die auf dem tibetischen Hochplateau entspringen. Dazu gehören mit dem Jangtse und dem Gelben Fluss auch die zwei längsten Flüsse Chinas. In seinem am 15. Oktober auf WeChat veröffentlichten Video enthüllt der Tibeter, dass durch Bewohner vor Ort mehrere Beschwerden und Einsprüche bei verschiedenen Regierungsbehörden eingereicht, aber keine wirksamen Maßnahmen ergriffen wurden, um den illegalen Abbau zu stoppen, obwohl die Behörden die Rechtswidrigkeit des Sand- und Kiesabbaus aus dem Fluss festgestellt hätten.
Weiterhin erklärt Tsering, dass Anfang dieses Jahres die Disziplinarinspektionskommission und das Entwicklungsbüro des Landkreises Kakhog den illegalen Sandabbau überprüft und festgestellt hätten. Berichten zufolge belügen derartige Parteiorgane auf Bezirksebene jedoch häufig höhere Behörden und täuschen damit die Beamten auf der unteren Ebene, indem sie behaupten, dass niemand Einwände erhoben habe, was Tsering als “glatte Lüge” und Verstoß gegen das Petitionssystem bezeichnet.
Dass es sich dabei keinesfalls um einen Einzelfall handelt und dass tibetische Umweltverteidiger seit vielen Jahren von der chinesischen Regierung wegen ihres Aktivismus verfolgt werden, dokumentiert auch ein ICT-Bericht mit dem Titel „Environmental Defenders of Tibet: China’s Persecution of Tibetan Environmental Defenders“.
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Die International Campaign for Tibet (ICT) setzt sich als weltweit größte Tibet-Organisation seit 30 Jahren für die Wahrung der Menschenrechte und das Selbstbestimmungsrecht des tibetischen Volkes ein. ICT unterhält Büros in Washington, D.C., Amsterdam, Brüssel und Berlin sowie ein Rechercheteam in Dharamsala, Indien.