Berlin, 05.12.2024. Wasserkraft- und Staudammprojekte der Volksrepublik China führen in zunehmendem und bisher unbekanntem Maße zu massiven Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden in Tibet, während China mit den Projekten seinen Energiehunger stillt. Durch den Bau Hunderter Staudämme und Wasserkraftwerke zerstört die chinesische Regierung unwiederbringlich tibetische Häuser, Dörfer und wertvolles Kulturgut, wie zum Beispiel jahrhundertealte buddhistische Klöster. Während so überdies der Klimawandel vorangetrieben wird, droht 1,2 Millionen Tibetern die Vertreibung aus ihrer Heimat – das dokumentiert ein neuer Bericht der International Campaign for Tibet (ICT) erstmalig mithilfe einer interaktiven GIS-Kartierung.
„Das Ausmaß der Wasserkraft- und Staudammprojekte in Tibet ist erschreckend. Die Kommunistische Partei treibt diese Projekte ohne Rücksicht auf Mensch und Natur voran.“ kritisiert ICT-Präsidentin Tencho Gyatso und fügt hinzu: „Pekings Missachtung der Rechte des tibetischen Volkes und der Interessen seiner Nachbarn könnte nicht deutlicher sein. China muss seinen Kurs in Tibet ändern, und wirklich effektiven Klimaschutz umsetzen, und nicht länger an der starren Ideologie der KP festhalten.”
Kai Müller, Geschäftsführer der ICT in Deutschland, merkt weiterhin an: “Die internationale Öffentlichkeit, auch die deutsche Bundesregierung, muss die chinesische Regierung auffordern, die massiven Staudammprojekte in Tibet zu stoppen. Vor allem dürfen Staaten nicht auf die Klimarhetorik der Kommunistischen Partei hereinfallen. Was in Tibet geschieht ist weder nachhaltig, noch klimafreundlich. Im Gegenteil, ein Land wird rücksichtslos ausgebeutet und Menschen werden zu Verschiebemasse degradiert. Das ist inakzeptabel.”
Der ICT-Bericht liefert auf der Basis umfangreicher Recherchen und GIS-Kartierungen eine fundierte Analyse. Diese beschreibt den rasanten Bau Hunderter von Staudämmen durch die Kommunistische Partei Chinas. Mithilfe der interaktiven Karte können Benutzer die Auswirkungen sehen, die jeder Damm auf die lokale Bevölkerung in Tibet, religiöse Stätten und das umliegende Land haben wird. Dabei listet der Bericht insbesondere 193 Staudämme in Tibet, wobei eine vermutlich bedeutende Anzahl von Staudämmen aufgrund der Abschottung Tibets nicht erfasst werden konnte. Der Bericht stellt zudem Alternativen vor, die sich durch die Nutzung wirklich nachhaltiger, erneuerbarer Energien ergeben.
Die Gletschergipfel Tibets sind die Quellgebiete der acht großen Flüsse der Region. Dort gefährdet der Bau von Wasserkraft- und Staudammanlagen auch die Wasserversorgung, den Lebensunterhalt und die Gesundheit von bis zu 1,8 Milliarden Menschen in ganz China, Süd- und Südostasien.
Am 3. Dezember präsentierte ICT-Senior-Researcherin Palmo Tenzin in Paris die Ergebnisse und Empfehlungen des Berichts im Rahmen eines Kolloquiums mit dem Titel „Wassermanagementfragen auf dem tibetischen Plateau“ („Enjeux de la gestion de l’eau du plateau tibétain“) im französischen Senat. Die Veranstaltung, an der auch das Tibet Policy Institute und Tibet Watch teilnahmen, wurde von der International Information Group on Tibet des Senats unter dem Vorsitz von Senatorin Eustache-Brinio organisiert.
Der Bericht konstatiert:
- Wenn Chinas Wasserkraftplan umgesetzt wird, werden bis zu 1,2 Millionen Tibeter aus ihrem angestammten Land und ihrer Heimat vertrieben worden sein.
- 80 % der Wasserkraftdämme sind Mega- oder Großstaudämme, was den Schaden und die Gefahr für Tibet und die Tibeter, die Umwelt und das Klima maximiert.
- 50 % der Staudämme befinden sich noch in der Planungsphase, was Hoffnung auf einen Kurswechsel Chinas gibt.
- Staudämme zerstören die Umwelt und sind nicht klimafreundlich. Sie erzeugen und setzen große Mengen Methan frei, ein starkes Treibhausgas, das schädlicher ist als CO2. Da das Zeitfenster immer kleiner wird, um die massivsten Auswirkungen des Klimawandels zu verhindern, muss die Volksrepublik China den Ausbau von Wasserkraft in Tibet umgehend stoppen.
- Erneuerbare Energien – wie Solar und Wind – können eine echte Reduzierung der CO2-Emissionen bewirken, gleichzeitig Menschenrechtsverletzungen vermeiden und traditionelle tibetische Lebensweisen unterstützen.
Weiterführende Links:
ICT-Bericht mit interaktiver GIS-Kartierung
ICT-Bericht „CHINESE HYDROPOWER DAMNING TIBET’S CULTURE, COMMUNITY, AND ENVIRONMENT“ im PDF-Format
Methodologie und Vorgehensweise: GIS Data Methodology And Sources
Staudamm-Datenbank: Hydropower Dams In Tibet Database And Analysis December 2024
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Die International Campaign for Tibet (ICT) setzt sich als weltweit größte Tibet-Organisation seit 30 Jahren für die Wahrung der Menschenrechte und das Selbstbestimmungsrecht des tibetischen Volkes ein. ICT unterhält Büros in Washington, D.C., Amsterdam, Brüssel und Berlin sowie ein Rechercheteam in Dharamsala, Indien.