Norbu soll «Sinisierung»
des Buddhismus
weiter vorantreiben
Quelle: gov.cn

In großer Aufmachung berichteten die chinesischen Propagandamedien über einen Besuch von Chinas „falschem Panchen Lama“ Gyaltsen Norbu bei Xi Jinping. Der Generalsekretär der alleinregierenden Kommunistischen Partei empfing Norbu am 6. Juni in der Pekinger Machtzentrale Zhongnanhai. Bei dem Treffen anwesend waren auch weitere hochrangige Funktionäre wie beispielsweise „Chinas Chef-Stratege“ Wang Huning. Dieser wird häufig als „Nummer Vier“ der Rangordnung der KP-Führung bezeichnet.
Den staatlichen Propagandisten zufolge forderte Xi Gyaltsen Norbu auf, künftig „einen größeren Beitrag zur Förderung der nationalen Einheit“ zu leisten. Unter anderem solle er „eine positive und aktive Rolle“ bei der „systematischen Förderung der Sinisierung der Religion in China“ spielen. In ihrem Kern steht „Sinisierung“ für einen Frontalangriff auf die tibetische Sprache, Religion und Kultur. Auch der Buddhismus soll sich in Tibet mit all seinen Institutionen in den Dienst der KP-Herrschaft stellen.
Gyaltsen Norbu verspricht, KP-Führung zu unterstützen
Laut dem Artikel habe der „falsche Panchen Lama“ versprochen, „die weisen Worte von Generalsekretär Xi Jinping“ zu beherzigen. Er wolle die Führung der Kommunistischen Partei Chinas „fest unterstützen und die Einheit des Vaterlandes und die nationale Einheit entschlossen schützen“. Und natürlich wolle Norbu auch „zur systematischen Förderung der Sinisierung der Religion in China und zur Modernisierung Tibets beitragen“, so der Propagandabericht.
Insofern scheint der aufwändig inszenierte Empfang für Gyaltsen Norbu darauf hinzudeuten, dass Peking dem „falschen Panchen Lama“ weiterhin eine wichtige Rolle zugedacht hat. Offenkundig soll Norbu der KP-Machthabern dabei helfen, den tibetischen Buddhismus unter ihre Kontrolle zu bringen.
Aufwändig inszenierter Empfang für Chinas „falschen Panchen Lama“ in Zhongnanhai. Mit im Bild „Chinas Chef-Stratege“ Wang Huning (3.v.r.)
Von KP-Führung installierter Ersatz-Panchen Lama
Dennoch stellt sich weiterhin die Frage, inwieweit die Planungen der Machthaber mit Gyaltsen Norbu aufgegangen sind. Zuletzt war er sowohl bei den „zwei Sitzungen“ Anfang März wie auch während des schweren Erdbebens in Tibet im Januar öffentlich weitgehend unsichtbar geblieben. Dies hatte Spekulationen genährt, Pekings „falscher Panchen Lama“ könnte in Ungnade gefallen sein.
30 Jahre nach dem „Verschwindenlassen“ von Tibets 11. Panchen Lama durch Pekings Schergen richtet sich der Blick nun auf den von den Machthabern installierten Ersatz. Bekanntlich ließ die chinesische Führung im Jahr 1995 den damals sechsjährigen Gedhun Choekyi Nyima mitsamt seiner Familie entführen. Kurz zuvor war der Junge vom Dalai Lama als Reinkarnation des Panchen Lama anerkannt worden.
Die Rolle des Panchen Lama bei der Bestimmung des nächsten Dalai Lama
An seiner Statt erklärte die offiziell dem Atheismus verpflichtete chinesische KP-Führung Gyaltsen Norbu zu ihrem eigenen Panchen Lama. Dieser war zu diesem Zeitpunkt ebenfalls sechs Jahre alt. Seither vertritt er öffentlich die ideologische Linie der KP, wird aber von den Tibetern nicht anerkannt.
Mit der Entführung des legitimen Panchen Lama und der Installierung eines KP-Ersatzkandidaten verfolgt die chinesische Regierung offenbar auch das Ziel, sich in die Nachfolge des Dalai Lama einzumischen. Traditionell spielt der Panchen Lama als bedeutender tibetisch-buddhistischer Würdenträger bei der Bestimmung des nächsten Dalai Lama eine wichtige Rolle.