Kalachakra beispielhaft
für Pekings «Diebstahl
geistlichen Eigentums»
Quelle: youtube/@cnsvideo
In großem Stil berichteten die chinesischen Propagandamedien über eine religiöse Zeremonie im südtibetischen Shigatse unter Leitung von Chinas „falschem Panchen Lama“ Gyaltsen Norbu. Vom 9. bis zum 12. Oktober führte Norbu im dortigen Kloster Tashi Lhunpo eine Kalachakra-Zeremonie durch. Der Vorgang steht beispielhaft dafür, wie Peking in Tibet „Diebstahl geistlichen Eigentums“ betreibt.
Wie exiltibetische Medien berichten, seien die lokalen Tibeter gezwungen worden, an der Zeremonie teilzunehmen. Unter Berufung auf Quellen aus Tibet heißt es darin, dass jede Familie in der Region mindestens ein Mitglied habe entsenden müssen, um eine für Pekings Propagandazwecke ausreichend große Menschenmenge zusammenzubekommen.
Schon bei Gyaltsen Norbus bislang einzigem Kalachakra im Jahr 2016 habe es sich ähnlich verhalten. Auch damals hätten die chinesischen Behörden die Menschen zum Erscheinen zwingen bzw. mit Geldanreizen nachhelfen müssen.

Wie exiltibetische Medien berichten, seien die lokalen Tibeter gezwungen worden, an der Zeremonie teilzunehmen. (Quelle: Screenshot youtube/@cnsvideo)
Pekings „falscher Panchen Lama“ wird von den Tibetern nicht anerkannt
Nach wie vor stehen die chinesischen Machthaber also vor dem Problem, dass der von ihnen eingesetzte „falsche Panchen Lama“ Gyaltsen Norbu von den Tibetern nicht anerkannt wird. Immer noch halten diese Tibets Panchen Lama Gedhun Choekyi Nyima (auch Gendun Choekyi Nyima) die Treue, den Peking vor dreißig Jahren mitsamt seiner Familie „verschwinden“ ließ.
Der Dalai Lama hatte den damals sechsjährigen tibetischen Jungen Gedhun Choekyi Nyima als 11. Inkarnation des Panchen Lama anerkannt. Peking ließ das Kind daraufhin entführen. Wenige Monate später präsentierte das offiziell dem Atheismus verpflichtete KP-Regime in Gyaltsen Norbu einen eigenen Panchen Lama.
Instrument der Kommunistischen Partei
Chinas „falscher Panchen Lama“ bekleidet mehrere hohe Ämter im KP-Staat. Diese haben in erster Linie symbolische Bedeutung und sind nicht mit tatsächlichem Einfluss verknüpft. So ist Gyaltsen Norbu etwa Mitglied des Ständigen Ausschusses des Nationalen Komitees der Politischen Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes.
Zudem ist er Vizepräsident der Buddhistischen Vereinigung Chinas (BAC) und Präsident von deren tibetischer Abteilung. Die BAC wiederum ist ein Instrument der Kommunistischen Partei zur zwangsweisen Assimilation und Transformation insbesondere des tibetischen Buddhismus.
Ganz offensichtlich spielt Gyaltsen Norbu eine wichtige Rolle in den Planungen der chinesischen Machthaber, den tibetischen Buddhismus unter ihre Kontrolle zu bringen. Deutlich wurde dies zuletzt im Juni, als KP-Generalsekretär Xi Jinping den „falschen Panchen Lama“ in der Pekinger Machtzentrale Zhongnanhai empfing.

Mit großem Aufwand inszenierten die chinesischen Machthaber im Juni einen Empfang für Chinas „falschen Panchen Lama“ bei KP-Generalsekretär Xi Jinping. (Quelle: gov.cn)
Europaparlament fordert Freilassung von Tibets Panchen Lama
Auch dreißig Jahre nach seinem „Verschwindenlassen“ ist Tibets 11. Panchen Lama Gedhun Choekyi Nyima nicht vergessen. So forderte das Europaparlament erst vor wenigen Tagen die bedingungslose Freilassung des einstmals „jüngsten politischen Gefangenen der Welt“. Im Rahmen des 42. Interparlamentarischen Treffens (IPM) zwischen der EU und China in Brüssel äußerten sich die Vertreter des Europaparlaments zur Menschenrechtslage in China und gingen dabei auch auf mehrere Einzelfälle ein.
In ihrer Erklärung forderten sie explizit die Freilassung des Sacharow-Preisträgers Ilham Tohti, des Hongkonger Verlegers Jimmy Lai, des Panchen Lama und des schwedischen Staatsbürgers Gui Minhai. Zudem verlangten die Abgeordneten die vollständige Aufhebung der verbleibenden Beschränkungen, die Peking im März 2021 gegen europäische Bürger und Organisationen verhängt hatte.
ICT begrüßt die Forderung des Europaparlaments nach Freilassung von Tibets 11. Panchen Lama. Weitere Parlamente und Regierungen sollten sich dem anschließen, bis Gedhun Choekyi Nyima endlich wieder ein Leben in Freiheit führen kann. Bis dahin werden wir nicht müde werden, uns immer wieder für ihn einzusetzen.
