Tibet soll China
als «zukünftige
Kornkammer» dienen

 

Quelle: tibet.cn

Wie stets im Frühling haben die chinesischen Staatsmedien auch in diesem Jahr wieder tibetische Bauern zu Statisten ihrer Propaganda gemacht. Mit vielen bunten Bildern berichten sie über das „erste Frühlingspflügen“, dabei wird stets darauf geachtet, dass möglichst viele chinesische Flaggen zu sehen sind. Im Zentrum des Interesses der chinesischen Staatspropagandisten steht die südtibetische Präfektur Shigatse, auch bekannt als „Kornkammer Tibets“.

Derweil denken chinesische Wissenschaftler offenbar intensiv darüber nach, Tibet als „zukünftige Kornkammer“ Chinas zu nutzen. Fast zeitgleich mit dem kommunistischen Propaganda-Event rund um das Frühlingspflügen erschien in der „Tibetan Review“ ein Artikel, in dem über derartige Planungen berichtet wird. Hintergrund der Überlegungen sind demnach die zu erwartenden Auswirkungen des von China, dem „Klimasünder Nr. 1“, maßgeblich befeuerten Klimawandels.

Tibet soll China retten

Angesichts der dadurch hervorgerufenen Gefahr einer „katastrophalen Nahrungsmittelkrise auf der ganzen Welt“ nehmen die chinesischen Wissenschaftler Tibet in den Blick. Tibets „einzigartige natürliche und sozioökonomische Bedingungen“ sollten „zur Entwicklung einer plateauspezifischen Landwirtschaft“ genutzt werden, so die Wissenschaftler des Pekinger National Climate Centre (NCC).

Kein Traktor ohne chinesische Flagge! (Quelle: tibet.cn)

Sie schlagen vor, das zunehmend feuchter und wärmer werdende Hochland „in Chinas zukünftige Kornkammer zu verwandeln“. Mit anderen Worten: Tibet soll China retten. Eine chinesische Zeitung spricht gar von einem chinesischen „Arche-Projekt im Himalaja“.

Klimawandel trifft Tibet überdurchschnittlich stark

Tatsächlich erwärmen sich die einst kalten Ebenen Tibets doppelt so schnell wie der globale Durchschnitt. Gletscherschmelzwasser bewässere jetzt Täler, in denen früher ganzjährig Frost herrschte. Einigen Studien zufolge habe sich die Vegetationszeit seit 1980 um 34 Tage verlängert.

Auch hätten Wissenschaftler neue kälteresistente Gerstensorten entwickelt, die noch in einer Höhe von 5.000 Metern Erträge liefern. Denkbar sei künftig auch der Anbau von Kartoffeln. Dank der starken Sonneneinstrahlung auf dem „Dach der Welt“ lägen die Erträge in Tibet „doppelt so hoch wie in tieferen Lagen“.

Tibeter werden nicht gefragt

In den zugrundeliegenden Berichten der staatlichen Medien findet sich einmal mehr der koloniale Blick Chinas. So ist von den „historisch bedingten“ Einschränkungen und „der geringen Produktivität in extremen Umgebungen“ die Rede, an deren Beseitigung die chinesischen Wissenschaftler arbeiteten.

Sie setzten dafür auf „fortschrittliche landwirtschaftliche Techniken wie optimierte Bodenbewirtschaftung, Gewächshausanpassungen und Präzisionsbewässerung“, so Chinas Staatsmedien. Man darf fest davon ausgehen, dass die aus der Sicht vieler Chinesen „rückständigen“ Tibeter nicht gefragt wurden, ob sie mit den chinesischen Plänen für die Nutzung ihrer Heimat einverstanden sind.

Überall rote Fahnen

Genauso wenig dürften die tibetischen Bauern die Wahl gehabt haben, sich dem Propaganda-Spektakel rund um das Frühlingspflügen zu entziehen. Berichte der chinesischen Staatsmedien vermitteln geradezu den Eindruck eines Wettbewerbs unter den Landkreisen. Wer kann mit mehr fahnengeschmückten Traktoren aufwarten, wer bringt mehr Tibeter in traditioneller Kleidung an den Start, wo sind mehr rote Fahnen zu sehen?

So wünscht sich Peking die Tibeter: Hübsch anzusehen in ihrer traditionellen Kleidung und dankbar angesichts der angeblichen „Wohltaten“ der Partei. (Quelle; tibet.cn)

Tatsächlich scheint es sich um eine flächendeckende Kampagne zu handeln. Überall, wo in Tibet Ackerbau betrieben wird, berichten die Staatsmedien in nahezu identischer Weise darüber. Überall dominieren rote Fahnen das Bild. Die kommunistische chinesische Nationalflagge mit den fünf gelben Sternen flattert an jedem Traktor und auch das ist kein Zufall.

Tibeter sollen der KP dankbar sein

Denn der Traktor steht im Narrativ der chinesischen KP für die Mechanisierung der Landwirtschaft und damit für den Fortschritt, den die Chinesen angeblich nach Tibet gebracht hätten. Dass mit der chinesischen Invasion Tibets von 1949/50 an aber vor allem unfassbar viel Gewalt und Zerstörung Einzug hielten, kommt in dieser Erzählung nicht vor.

Ebenso wenig wie die von Mao verursachte Hungersnot, der auch in Tibet unzählige Menschen zum Opfer fielen. Oder ob die Tibeter sich diese Art von „Fortschritt“ gewünscht hätten.

Die einzige Rolle, die ihnen im Schauspiel des „Frühlingspflügens“ zukommen soll, ist die von Statisten in ihrem eigenen Leben. Denn so wünschen sich die chinesischen KP-Machthaber die Tibeter: Hübsch anzusehen in ihrer traditionellen Kleidung und dankbar angesichts der angeblichen „Wohltaten“ der Partei.

Was zählt, sind die Bilder

Mittlerweile inszenieren die KP-Propagandisten bei jeder sich bietenden Gelegenheit Bilder von fahnenschwenkenden Tibetern. So lassen sie beispielsweise tibetische Reiter in vollem Galopp über eine Ebene jagen, wobei jeder von ihnen eine große chinesische Fahne trägt. Oder jüngst, als zur Eröffnung der Tourismus-Saison am Tsongonpo (auch bekannt als Kokonor oder Qinghai-See) ebenfalls tibetische Reiter mit China-Flaggen inszeniert wurden.

Tibetische Reiter mit chinesischen Flaggen bei der Saison-Eröffnung am Tsongonpo. (Quelle: tibet3.com)

Die Botschaft lautet in jedem Fall: Seht her, die Tibeter bekennen sich zum chinesischen KP-Staat und tragen stolz dessen Embleme zur Schau. Ob es sich tatsächlich so verhält, ist zweitrangig. Entscheidend aus Sicht der KP-Propagandisten ist nur, dass die Betrachter diesen Eindruck gewinnen. Was zählt, sind allein die Bilder.

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