Ist Gyaltsen Norbu
bei den Machthabern
in Ungnade gefallen?
Quelle: xzxw.com
Ist Chinas „falscher Panchen Lama“ bei den Machthabern in Ungnade gefallen? Kurz nach dem 30. Jahrestag des „Verschwindenlassens“ von Tibets 11. Panchen Lama durch Pekings Schergen richtet sich der Blick auf den von den Machthabern installierten Ersatz.
Insbesondere stellt sich nun die Frage, inwieweit Pekings Planungen mit ihm aufgegangen sind und welche Schlüsse die chinesischen Machthaber daraus ziehen. Ein aktueller Bericht der International Campaign for Tibet kommt zum Schluss, dass Gyaltsen Norbu politisch und religiös weitgehend wirkungslos geblieben ist.
Peking lässt ein sechsjähriges Kind entführen
Bekanntlich ließ die chinesische Führung im Jahr 1995 den damals sechsjährigen Gedhun Choekyi Nyima mitsamt seiner Familie entführen. Kurz zuvor war der Junge vom Dalai Lama als Reinkarnation des Panchen Lama anerkannt worden.
An seiner Statt erklärte die offiziell dem Atheismus verpflichtete chinesische KP-Führung einen anderen tibetischen Jungen namens Gyaltsen Norbu zu ihrem eigenen Panchen Lama. Dieser vertritt seither öffentlich die ideologische Linie der KP, wird aber von den Tibetern nicht anerkannt.
Verletzung der Religionsfreiheit
Offenbar gelingt es den chinesischen Behörden nur durch finanzielle Anreize und politischen Druck, zumindest einige Tibeter zur Teilnahme an Terminen mit Norbu zu bewegen. Vor eineinhalb Jahren ermöglichten die Machthaber ihrem „falschen Panchen Lama“ so erstmalig die Ordination von Mönchen. Aus Sicht von ICT stellte diese Aktion eine klare Verletzung der Religionsfreiheit dar.
Denn nach internationalen Menschenrechtsstandards ist es allein Religionsgemeinschaften und nicht staatlichen Einrichtungen vorbehalten, über ihre Würdenträger zu bestimmen und sie zu ordinieren. Der von den chinesischen Machthabern als Panchen Lama eingesetzte Gyaltsen Norbu ist daher nicht befugt, eine Ordinierung buddhistischer Würdenträger vorzunehmen.
Chinas „falscher Panchen Lama“ als potenzielle Belastung
Zwar bekleidet Chinas „falscher Panchen Lama“ inzwischen eine Reihe hoher Positionen. So ist er beispielsweise Mitglied des Ständigen Ausschusses des Nationalen Komitees der „Konsultativkonferenz des Chinesischen Volkes“ (CPPCC) und nimmt regelmäßig an den „Zwei Sitzungen“ teil. Zudem ist er Vizepräsident der Chinesischen Buddhistischen Vereinigung (BAC) und Präsident von deren tibetischem Zweig. Die BAC gilt als Instrument der Kommunistischen Partei.
Doch fällt auf, dass Gyaltsen Norbus Aufstieg seit einiger Zeit stagniert. Nach wie vor scheinen einige ihn als politisches Werkzeug zu betrachten, während andere in ihm eine potenzielle Belastung sehen. So wurde Gyaltsen Norbu in den letzten Jahren regelmäßig vom Leiter der Einheitsfrontabteilung, Shi Taifeng, ermahnt, sich ideologisch und politisch eng an Xi Jinping zu orientieren. Diese wiederholten Appelle könnten auf interne Zweifel an seiner Verlässlichkeit hindeuten.
Öffentlich unsichtbar
Zuletzt mehrten sich die Rückschläge für Gyaltsen Norbu. Ein ursprünglich für vergangenen Dezember geplanter Besuch des „falschen Panchen Lama“ in Lumbini, dem Geburtsort Buddhas in Nepal, fand am Ende nicht statt. Anders als angekündigt, nahm der BAC-Vizepräsident daher nicht an einer dort stattfindenden internationalen Buddhismus-Konferenz teil. Offenbar zog die Regierung in Kathmandu die Reißleine und signalisierte Peking, dass Norbu nicht willkommen sei.
Auch nach dem Erdbeben in Südtibet im Januar 2025 blieb Norbu öffentlich unsichtbar. Und bei den diesjährigen „Zwei Sitzungen“ in Peking spielte er ebenfalls keine Rolle, obwohl er weiterhin Mitglied der Politischen Konsultativkonferenz ist. Die jüngste Umbesetzung in der Parteiführung – Shi Taifengs Wechsel in die Zentrale Organisationsabteilung – könnte ein weiteres Zeichen für strategische Neuorientierung im Umgang mit Norbu sein.
* Unser Bild zeigt Gyaltsen Norbu in einer Aufnahme der chinesischen Propagandamedien zusammen mit Wang Junzheng, dem KP-Sekretär der sogenannten Autonomen Region Tibet (TAR), die in etwa die Hälfte der Fläche Tibets umfasst.