Ziel ist «Sinisierung»
des tibetischen
Buddhismus
Quelle: tibet.cn

In ihrer Kampagne zur völligen Transformation des tibetischen Buddhismus nutzen die chinesischen KP-Machthaber auch Vertreter aus dem religiösen Bereich. Dies unterstreichen aktuelle Berichte der chinesischen Propagandamedien. So zitieren die staatlichen China Tibet News ausführlich aus einem Interview mit dem tibetischen Lama Dazha Garang Thupten Tashi Gyatso (Foto oben). Dieser nahm als Mitglied der „Politischen Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes“ (CPPCC) an den sogenannten „Zwei Tagungen“ in Peking teil.
Dabei zitieren ihn die staatlichen Propagandisten, die Sinisierung des tibetischen Buddhismus sei „eine unabdingbare Voraussetzung für die Religion selbst, um eine langfristige, gesunde Entwicklung zu erreichen“. Dazha Garang Thupten Tashi Gyatso, der in dem Artikel durchweg nur Dazha genannt wird, bezeichnet die Sinisierung auch als „unvermeidlich“. Nur so könne sich der tibetische Buddhismus „aktiv an die Gesellschaft der neuen Ära anpassen und mit der Zeit Schritt halten“.
Unterwerfung unter Pekings falsches Geschichtsnarrativ
Dazha ist nicht nur der Lama des Klosters Da-Zha im osttibetischen Landkreis Dzorge. Als Präsident der buddhistischen Vereinigung der Präfektur Ngaba vertritt er zugleich eine Organisation, die schon seit Jahrzehnten als Instrument der chinesischen KP dient. Die Buddhist Association of China (BAC) ist ein wichtiger Baustein in ihrer Strategie zur zwangsweisen Assimilation und Transformation des tibetischen Buddhismus.
Dazha unterstütze dem Artikel zufolge auch Pekings falsches Geschichtsnarrativ, nach dem Tibet immer schon Teil Chinas gewesen sei. Der tibetische Buddhismus sei „eng mit der geschichtlichen Entwicklung, der kulturellen Abstammung und den sozialen Formationen Chinas verbunden und verflochten“.
Klöster sollen Sinisierung aktiv gefördert haben
Seine Kernkonzepte seien „in hohem Maße mit den philosophischen Ideen der ausgezeichneten traditionellen chinesischen Kultur kompatibel“. Die Klöster in seiner osttibetischen Heimatregion hätten die Sinisierung des tibetischen Buddhismus „stets aktiv gefördert“, so Dazha. Man habe die Mönche auch regelmäßig „zum Studium der nationalen Politik, Gesetze und Vorschriften angehalten“.
Unerwähnt bleibt dabei, dass der chinesische KP-Staat die Klöster seit Jahren zu dieser Art von Umerziehung zwingt. Folgt man den Dazha zugeschriebenen Aussagen, so hätten die Klöster von sich aus „die Inhalte der ausgezeichneten traditionellen chinesischen Kultur in den Lehrplan aufgenommen“. Ihr Ziel sei es gewesen, „eine Gruppe von Mönchen heranzuziehen, die sowohl mit religiösem Wissen als auch mit Politik, Vorschriften und traditioneller Kultur vertraut“ sind.
Zwangsmaßnahmen werden zu freiwilligem Akt erklärt
Der Lama erscheint hier als lupenreiner KP-Propagandist. Die Zwangsmaßnahmen der chinesischen KP zur Unterwerfung der Religion unter ihre Herrschaft werden bei ihm zu einem freiwilligen Akt erklärt.
Was von außen betrachtet schwer zu begreifen ist, stellt grundsätzlich leider keine ganz neue Entwicklung dar. So soll etwa Chinas „falscher Panchen Lama“ Gyaltsen Norbu der KP bereits seit Längerem dabei helfen, den tibetischen Buddhismus zu kontrollieren. Angesichts des massiven Drucks, den die chinesischen Behörden auf Vertreter des tibetischen Buddhismus ausüben, ist im Einzelnen schwer zu beurteilen, wie „freiwillig“ die Zusammenarbeit letztlich sein kann.
„Strategische Zusammenarbeit“
Ein anderes Beispiel für den Versuch der kommunistischen Machthaber in Peking, den tibetischen Buddhismus in ihrem Sinne zu transformieren, lässt sich einem weiteren Bericht der Staatsmedien entnehmen. Darin geht es um ein „Abkommen über strategische Zusammenarbeit“ zwischen dem Museum für alte Bücher des Nailang-Tempels und dem staatlichen Tibetischen Volksverlag.
Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung zwischen dem Museum für alte Bücher des Nailang-Tempels und dem staatlichen Tibetischen Volksverlag. (Quelle: tibet.cn)
Die systematische Sammlung alter tibetischer Schriften liefere eine wichtige Grundlage für die „eingehende Untersuchung des historischen Prozesses der Sinisierung des tibetischen Buddhismus“, wird der Kurator der Bibliothek zitiert. Insofern leiste die Kooperation mit dem Verlag einen wichtigen Beitrag zur „Herausbildung eines Gefühls der nationalen chinesischen Gemeinschaft“.
Die Geschichte des tibetischen Buddhismus soll neu geschrieben werden
Als erstes gemeinsames Projekt sollen im kommenden Juni die gesammelten Schriften „Seiner Heiligkeit des Achten Gyalpo“ veröffentlicht werden. Dieser habe „enge Kontakte zu den zentralen Behörden“ unterhalten und „eine aktive Rolle bei der Förderung der Sinisierung des tibetischen Buddhismus“ gespielt.
Offenkundig geht es im Kern also darum, die Geschichte des tibetischen Buddhismus in einer Weise neu zu schreiben, die mit dem zentralen Geschichtsnarrativ Pekings übereinstimmt. Ungeachtet der Tatsachen dürften die Kooperationspartner in der nächsten Zeit versuchen, in ihren Publikationen den „Beweis“ dafür zu erbringen, dass Tibet immer schon Teil Chinas gewesen sei.