Expertenkonferenz
«Damming Tibet»
im Europa-Parlament
Quelle: tibet.net
„Was auf dem Dach der Welt geschieht, wirkt sich auf uns alle weltweit aus.“ Mit diesen Worten eröffnete Hannes Heide in der vergangenen Woche eine Konferenz zu den verheerenden Auswirkungen von Chinas Staudammbau in Tibet. Der österreichische Europaparlamentarier betonte weiter, die Europäische Union könne zu Chinas Staudämmen in Tibet nicht schweigen.
Die gemeinsam von ICT und dem Menschenrechtsverband FIDH organisierte Veranstaltung mit dem Titel „Damming Tibet“ fand in den Räumen des EU-Parlaments in Brüssel statt. Tibetische Expertinnen sowie ein Wissenschaftler informierten in ihren Vorträgen über verschiedene Aspekte der Lage in Tibet. Neben Mitgliedern des Europäischen Parlaments und ihren Mitarbeitern nahmen auch Vertreter der Zivilgesellschaft an der Konferenz teil.
Inakzeptabler Abbau von Ressourcen in einem besetzten Land
Die Leitung der Veranstaltung lag bei den Europaabgeordneten Dainius Žalimas und Hannes Heide, dem Vorsitzenden der Gruppe „Freunde Tibets“ im EP und seinem Stellvertreter. Der Litauer Žalimas bezeichnete den „Abbau von Ressourcen in einem besetzten Land, der zu Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung führt,“ als inakzeptabel.
Den ersten Vortrag hielt Palmo Tenzin aus dem Berliner Büro von ICT. Sie lieferte einen kurzen Überblick über den jüngsten ICT-Bericht zu Chinas Wasserkraftwerksprojekte in Tibet. Dabei widerlegte sie Pekings Behauptungen, die chinesischen Megadämme in Tibet seien nachhaltig und gab eine Reihe von Empfehlungen für internationale Gremien und ausländische Regierungen.
Verantwortung der Europäischen Union
Tenzin betonte, die EU müsse sicherstellen, dass europäische Unternehmen nicht in die Lieferkette der Wasserkraftindustrie in Tibet eingebunden sind. Tenzin Choekyi von Tibet Watch gab einen Einblick in die menschlichen, kulturellen und zivilisatorischen Kosten von Chinas unreguliertem Ausbau der Wasserkraft in Tibet. Die Expertin zeigte Videomaterial von den Protesten gegen den Kamtok-Damm im Februar 2024, die von den chinesischen Behörden gewaltsam unterdrückt wurden.
Der Potsdamer Geomorphologe Dr. Wolfgang Schwanghart verwies schließlich auf die mit dem Bau von Staudämmen in Tibet verbundenen Umweltrisiken. Insbesondere betonte er die Gefahren, die mit dem Bau großer Wasserkraftwerke in einer stark erdbebengefährdeten Region verbunden sind. Das verheerende Erdbeben in Südtibet vom Januar habe die möglichen Folgen erneut deutlich vor Augen geführt, so Schwanghart, der ICT zu diesem Thema ein ausführliches Interview gegeben hatte.
Medog-Staudamm: Das „riskanteste Projekt der Welt“
Besonders bedenklich sei das kürzlich von Peking genehmigte Wasserkraftwerksprojekt Medog, das von Experten als „das riskanteste Projekt der Welt“ bezeichnet werde. Das Mega-Projekt soll in einem abgelegenen, erdrutschgefährdeten Gebiet verwirklicht werden. Dieses ist geprägt von häufigen Erdbeben, begrenzter Infrastruktur und starken geopolitischen Spannungen zwischen China und Indien.
Nach den Expertenvorträgen sprach in Brüssel auch die Vertreterin des Dalai Lama in Brüssel Rigzin Genkhang zu den Konferenzteilnehmern. Sie betonte die dringende Notwendigkeit, die strategische Bedeutung des Hochlands von Tibet für das globale Klima anzuerkennen. Den Schlusspunkt setzte die stellvertretende Direktorin für Wirtschaft, Menschenrechte und Umwelt bei FIDH, Gaëlle Dusepulchre.
Gefahr von schweren Menschenrechtsverletzungen
Sie warnte davor, unter dem Vorwand, den Klimawandel zu bekämpfen, die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen. Transparenz sei daher von enormer Bedeutung. Es gelte, den Zugang zu Informationen, die Beteiligung der Öffentlichkeit und das Recht auf freie Meinungsäußerung und Selbstbestimmung zu gewährleisten. Andernfalls riskiere man unkontrollierte Umweltauswirkungen und schwere Menschenrechtsverletzungen, so Gaëlle Dusepulchre.