Berlin, 08.01.2025 Die International Campaign for Tibet (ICT) bringt ihre tiefe Trauer über das starke Erdbeben zum Ausdruck, das am 7. Januar 2025 die Region Shigatse in Tibet erschüttert hat. ICT fordert die chinesische Regierung auf, dafür zu sorgen, dass alle Hilfsmaßnahmen auf faire, integrative und transparente Weise durchgeführt werden und die Sicherheit und das Wohlergehen des tibetischen Volkes im Vordergrund stehen.
Das Erdbeben der Stärke 7,1 (chinesische Regierungsquellen sprechen von 6,8) hat nach Angaben chinesischer Medien bisher mindestens 126 Menschenleben gefordert und mehr als 180 Menschen verletzt. Das Epizentrum des Bebens lag im Kreis Dingri (auch Tingri), einer Region im Himalaja nahe der nepalesischen Grenze, die für ihre rauen Wetterbedingungen und große Höhe bekannt ist. Der Dalai Lama drückte in einer Erklärung seine tiefe Trauer aus und sagte: „Ich bete für diejenigen, die ihr Leben verloren haben, und wünsche allen Verletzten eine rasche Genesung.“
Shigatse, eine historisch bedeutsame Stadt in Tibet, ist der traditionelle Sitz des Panchen Lama, einer der ranghöchsten Führungspersönlichkeiten des tibetischen Buddhismus. Seit dem gewaltsamen „Verschwindenlassen“ des 11. Panchen Lama durch die chinesischen Behörden im Jahr 1995 ist die Stadt zu einem Symbol für die anhaltende politische und kulturelle Unterdrückung der Tibeter unter chinesischer Herrschaft geworden.
ICT spricht den Familien und Angehörigen der Opfer dieser verheerenden Katastrophe unser tief empfundenes Beileid aus. Unsere Gedanken sind bei den Menschen in Tibet, die mit den Folgen dieser Tragödie zu kämpfen haben.
Nach dieser Katastrophe ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Hilfs- und Wiederaufbaumaßnahmen so durchgeführt werden, dass die tibetische Bevölkerung vollständig einbezogen wird. Erfahrungen aus der Vergangenheit, wie das Erdbeben in Kyegudo (chinesisch: Yushu) im Jahr 2010, bei dem die Tibeter an den Rand gedrängt und von den Hilfsmaßnahmen ausgeschlossen wurden, dürfen sich nicht wiederholen. Damals engagierten sich tibetische Mönche und lokale Gemeinschaften aktiv für die Opfer, doch die chinesischen Behörden behinderten ihre Bemühungen, und später tauchten Berichte über weit verbreitete Korruption und Misswirtschaft bei der Hilfe auf.
Ein ehemaliger Beamter der Kommunistischen Partei Chinas hat in einem aufschlussreichen Bericht die missbräuchliche Verwendung von Erdbebenhilfsgeldern und die Ausgrenzung des tibetischen Volkes während des Kyegudo-Erdbebens aufgedeckt. Dies darf sich nicht wiederholen. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Bevölkerung Tibets voll in die Rettungs- und Wiederaufbaumaßnahmen einbezogen wird und dass die Hilfe diejenigen erreicht, die sie am dringendsten benötigen, ohne Einmischung oder Behinderung.
Tibet liegt in einer der seismisch aktivsten Regionen der Welt. Daher blicken wir mit Sorge auch auf mögliche Erdbebenschäden, die dort durch die zahlreichen von der chinesischen Regierung bereits gebauten und weiteren geplanten Megastaudämmen grundsätzlich drohen.
Es ist von entscheidender Bedeutung, dass langfristige Maßnahmen zur Katastrophenvorsorge und Risikominderung ergriffen werden, um die tibetische Bevölkerung zu schützen. Die internationale Gemeinschaft muss die Situation auch weiterhin genau beobachten und sicherstellen, dass die bereitgestellte Hilfe gerecht und transparent verteilt wird.
Wir stehen in dieser schwierigen Zeit solidarisch an der Seite des tibetischen Volkes und setzen uns weiterhin für sein Recht ein, die Unterstützung und Hilfe zu erhalten, die es so dringend benötigt.