Internate sind Teil von
Chinas Politik der
kulturellen Auslöschung
Quelle: chinanews.com
Getroffene Hunde bellen, sagt das Sprichwort. Und in diesem Licht sollte man auch Chinas jüngstes Propaganda-Event in Chengdu betrachten. Es muss als durchsichtiger Versuch gewertet werden, der anhaltenden und massiven internationalen Kritik an den chinesischen Zwangsinternaten in Tibet zu begegnen.
Pekings Zwangsinternate sind ein besonders einschneidender Bestandteil einer systematischen Politik der kulturellen Auslöschung, der die tibetische Bevölkerung ausgesetzt ist. In diesen staatlich kontrollierten Einrichtungen wird die große Mehrheit der tibetischen Kinder ihrer angestammten Sprache, Religion und Kultur Herkunft entfremdet. Laut UN-Experten sind über eine Million Kinder davon betroffen – viele bereits im Vorschulalter.

Solche Bilder verbreiten die KP-Machthaber gerne: Tibetische Schüler eines Zwangsinternats in Reih und Glied. (Quelle: chinanews.com)
Zwangsinternate haben verheerende Auswirkungen auf tibetische Kinder
Erst vor wenigen Monaten etwa hat das Tibet Action Institut (TAI) dazu einen neuen Bericht vorgelegt. Die Untersuchung trägt den Titel „When they came to take our children: China’s Colonial Boarding Schools and the Future of Tibet“. Die Grundlage dafür bilden Berichte betroffener Familien und Eltern aus erster Hand. Der Bericht des TAI belegt damit nachdrücklich die verheerenden Auswirkungen der Zwangsinternate auf tibetische Kinder.
Er unterstreicht, wie die chinesische Regierung tibetische Kinder als Mittel benutzt, um die Tibeter aggressiv und unter Zwang zu assimilieren und ihr Überleben als eigenständiges Volk zu bedrohen. Er bestätigt auf eindringliche Weise die Recherchen von Experten der Vereinten Nationen.
Kinder erleiden schwere psychische und körperliche Schäden
Leider gelingt es Journalisten nur selten, Pekings strikte Informationsblockade über Tibet zu durchbrechen. Anfang des Jahres jedoch veröffentlichte die „New York Times“ einen umfangreichen Bericht über Chinas System von Zwangsinternaten in Tibet. Dieser dokumentierte die schweren psychischen, emotionalen und körperlichen Schäden, die einer ganzen Generation tibetischer Kinder in Chinas Internatsschulen zugefügt werden.
Der Multimedia-Sonderbeitrag enthält zahlreiche Fotos und Videos, die dokumentieren, wie tibetische Kinder politischer Indoktrination und Misshandlung ausgesetzt sind. Er zeigt, wie die in Peking herrschende Kommunistische Partei Chinas tibetische Kinder systematisch von ihren Familien trennt. Auf diese Weise soll ihre tibetische Identität ausgelöscht werden.

Das Plakat des Symposiums hat nichts mit der Realität zu tun: Während die tibetischen Kinder in Chinas Zwangsinternaten alle die gleiche vorgeschriebene Kleidung tragen müssen, zeichnen die Propagandisten der KP sie in traditionellen Gewändern. (Quelle: chinanews.com)
In den vergangenen Jahren haben bereits zahlreiche Regierungen und internationale Organisationen die chinesischen Machthaber dazu aufgefordert, ihre Zwangsinternate in Tibet zu schließen. Entsprechend geäußert haben sich zuletzt etwa die deutsche Bundesregierung, das Europaparlament, der UN-Sozialausschuss sowie weitere Parlamentarier und Regierungsvertreter. Viele haben auch öffentlich ihre Besorgnis über Pekings Assimilationskurs geäußert.
Peking versucht, die Zwangsinternate schönzureden
Offenbar wollen die chinesischen Machthaber nun diesem einhelligen Ton der Kritik etwas entgegensetzen. Zu diesem Zweck veranstalteten sie am 27. Oktober ein eintägiges Symposium zum Thema „Internatsausbildung und die Entwicklung des Hochlands”, so der offizielle Titel. Ort der Veranstaltung war Chengdu, die Hauptstadt der südwestchinesischen Provinz Sichuan, der die KP-Herrscher bereits vor Jahrzehnten einen größeren Teil Tibets zugeschlagen haben.
Wenig überraschend kamen die von Peking handverlesenen Teilnehmer des Symposiums zum Schluss, dass die chinesischen Zwangsinternate „eine qualitativ hochwertige Bildung“ vermittelten. Sie brächten „Bildungsgerechtigkeit“ in die „ländlichen Gebiete Chinas“ – offenbar scheute man selbst im Versuch, die Zwangsinternate schönzureden davor zurück, das Wort Tibet auszusprechen.
Ein tibetischer Regimevertreter als Feigenblatt
Nicht vertreten waren in Chengdu hingegen die Betroffenen selbst. Einzig ein Vertreter des Regimes namens Zhalo, der als stellvertretender Generaldirektor des Tibetologie-Forschungszentrums vorgestellt wurde, musste offenkundig die Rolle des tibetischen Feigenblatts übernehmen.
Auch in dieser Hinsicht also hatte das Symposium einzig die Aufgabe, die Wahrheit über die Zwangsinternate in Tibet in ihr Gegenteil zu verkehren. Die Fakten sprechen indes eine andere Sprache. Es ist höchste Zeit, dass diese auch im Machtbereich der chinesischen KP zu hören ist.

