Zugleich beschleunigt
Peking den Ausbau
der Verkehrsinfrastruktur
Foto: Kabelleger/David Gubler-CC-BY-SA-4.0
China forciert die Ausbeutung von Tibets natürlichen Ressourcen. Allem Anschein nach haben die chinesischen Machthaber insbesondere die Lithiumvorkommen in Tibet im Blick. So spricht ein Bericht der chinesischen Propagandamedien davon, dass ein kürzlich in Betrieb genommenes Projekt „einen neuen Maßstab für die Lithiumgewinnungstechnologie aus Salzseen gesetzt“ habe.
Wie die „Tibetan Review“ berichtet, hat das Projekt im nordtibetischen Nagormo eine Jahreskapazität von 40.000 Tonnen Primärlithiumsalzen. Hinzu komme ein separates Projekt mit einer Jahresproduktion von 20.000 Tonnen Lithiumcarbonat. Beide Produktionsanlagen gehörten der China Salt Lake Industry Group, einem Joint Venture zwischen einem chinesischen Staatsunternehmen und der Provinz Qinghai.
Weitere Lithiumminen kommen hinzu
Wie ebenfalls vor Kurzem bekannt wurde, habe ein weiteres 10.000-Tonnen-Projekt für batteriegeeignetes Lithiumcarbonat am Zabuye-Salzsee erfolgreich eine 120-stündige Funktionsprüfung absolviert. Der Zabuye-Salzsee in einer abgelegenen Hochregion der südtibetischen Stadt Shigatse gelte als eines der weltweit größten Lithium-Sole-Vorkommen.
Doch die Ausbeutung soll offenbar noch weiter gehen. Ganz neu ist die Meldung, dass auch in der Nähe des Chomolungma (Mount Everest) Lithium gefunden worden sei. Das Vorkommen werde auf über eine Million Tonnen Lithiumoxid geschätzt. Hier droht also ein weiteres Megabergbauprojekt in Tibet.
Koloniale Ausbeutung des Landes
Was in all diesen Berichten nicht vorkommt, sind die Stimmen der Betroffenen. Und auch nicht die Auswirkungen der chinesischen Bergbauaktivitäten auf Mensch und Natur. Für die Tibeter ist der Abbau der Bodenschätze Tibets durch China ein klarer Fall von kolonialer Ausbeutung eines besetzten Landes. Diese geht einher mit der Zerstörung von Tibets einzigartigartiger Natur.
Der hier beschriebene Bergbau ist kapitalintensiv, benötigt aber nicht viele Arbeitskräfte. Die lokale Bevölkerung erhält auf diese Weise keine nennenswerten Beschäftigungsmöglichkeiten, verliert aber ihr Land und ihre Lebensgrundlagen. Denn gerade die Lithiumgewinnung aus Salzseen geht einher mit hohem Wasserverbrauch. Dies hat zwangsläufig negative Auswirkungen auf das gesamte Ökosystem.
Baubeginn von strategisch wichtiger Eisenbahnlinie
Im kommenden Monat wollen die chinesischen Machthaber den Bau einer neuen Eisenbahnlinie beginnen, die Tibet mit der Uigurenregion Ostturkestan (chin.: Xinjiang) verbinden soll. Auf einer durchschnittlichen Höhe von über 4.500 Metern führt sie über Gebirgsketten, Gletscher und Permafrostzonen. Die knapp 2.000 Kilometer lange Strecke ist enorm kostspielig und gilt aus mehreren Gründen als strategisch wichtig für China.
Die neue Bahn soll die wirtschaftliche Durchdringung Tibets und Ostturkestans für chinesische Wirtschaftsinteressen beschleunigen und ist nicht zuletzt dafür gedacht, die reichen Rohstoffvorkommen der Region abzutransportieren. So wird schon jetzt offenbar fast die gesamte verfügbare Eisenbahnkapazität von Ostturkestan nach China von 96 Millionen Tonnen für den Export von Kohle genutzt. Eine Umsetzung von Pekings Plänen für den Lithium-Abbau dürfte den Bedarf weiter anwachsen lassen
Noch wichtiger für die Machthaber in Peking ist jedoch der strategische Wert der Bahnlinie. So verlaufen große Teile der neuen Eisenbahn nahe der „Line of Actual Control“, der faktischen Grenze zwischen dem von China besetzten Tibet und Indien. Die Bahnlinie würde es den chinesischen Machthabern ermöglichen, rasch große Mengen an Truppen und Material zu befördern. Dies bedeutet nicht nur eine weitere Zunahme der ohnehin schon bedenklichen Militarisierung Tibets. Angesichts von Chinas zunehmend aggressiver Außenpolitik ist dies auch für Indien eine bedrohliche Entwicklung.
