Pekings Propaganda-
Narrative zielen
auch auf Journalisten

 

Quelle: UNCTAD-CC-BY-SA-2.0

Unter allen möglichen Einsatzorten dürfte die Volksrepublik China für Korrespondenten eine besonders große Herausforderung darstellen. Denn die „Feinde der Pressefreiheit“ verfolgen jeden ihrer Schritte mit großer Akribie. China-Korrespondenten berichten aus einer Diktatur, die die eigenen Bürger unnachsichtig verfolgt und unerwünschtes Verhalten hart bestraft. Und nicht zuletzt zielen Pekings Propaganda-Narrative auch auf die Auslandsjournalisten.

So ist es oft nur ein schmaler Grat, der das Bemühen um faire Beurteilung vom sprichwörtlichen „Panda-Hugging“ trennt, der unkritischen Bewunderung der Politik Pekings. Chinas rasanter Ausbau der erneuerbaren Energien etwa kann dann schnell den Blick verstellen für den ebenfalls weiter steigenden Ausstoß an Treibhausgasen und die dem Ganzen zugrundeliegende langfristige Strategie der KP-Machthaber.

Missverhältnis in der Berichterstattung

Denn während die westlichen Industriestaaten ihre Emissionen – wenn auch vielleicht nicht schnell genug – gesenkt haben, gibt Peking weiter Vollgas und ist mittlerweile allein für fast ein Drittel der globalen Verschmutzung verantwortlich. Dieses Missverhältnis wird aber in der Berichterstattung allzu oft nur unzureichend dargestellt. Augenscheinlich ist es der chinesischen KP-Führung erfolgreich gelungen, ihr Propaganda-Narrativ auch unter Journalisten zu verbreiten.

So fanden sich zuletzt zahlreiche Artikel und Beiträge, in denen gefeiert wird, dass China weltweit Vorreiter beim Ausbau erneuerbarer Energien sei. Die Kehrseite der Medaille wird hingegen nicht, oder nur sehr eingeschränkt, thematisiert. So fragt kaum ein Journalist nach, welchen Plan die Pekinger KP-Machthaber damit verfolgen und warum sie erst 2060 – und damit Jahrzehnte später als die meisten Länder im Westen – „klimaneutral“ sein wollen.

Ein anschauliches Beispiel dafür lieferte jüngst ein Bericht der ARD-Korrespondentin Eva Lamby-Schmitt über den Ausbau der erneuerbaren Energien in China, der zur Weltklimakonferenz in Baku erschien. Die Korrespondentin unterstreicht darin, dass China „fast doppelt so viele Kapazitäten für Wind- und Solarenergie wie der Rest der Welt zusammen“ baue.

Weitgehend unerwähnt hingegen bleiben die problematischen Seiten des Ganzen, etwa dass China allein im vergangenen Jahr China Kohlekraftwerke mit einer Kapazität von 47 GW in Betrieb genommen hat, mehr als doppelt so viel wie im Rest der Welt. Oder dass Chinas Pro-Kopf-Ausstoß an Klimagasen weit über dem der Europäischen Union liegt. Und nicht zuletzt die Pekings Politik zugrundeliegende langfristige Strategie.

Umweltschutz „ohne demokratische Abstimmungsprozesse“

Im Reportageteil ihres Berichts beschreibt Frau Lamby-Schmitt ein Pilotprojekt zur Klimaneutralität auf der Insel Chongming. Ohne kritische Einordnung zitiert sie einen Dorfbewohner, der über die lokale Bevölkerung spricht: „Sie wissen nichts über Klimaneutralität, die derzeitigen Propaganda-Bemühungen der Regierung reichen definitiv nicht aus.“ Des weiteren hebt sie die rasche Umsetzung von Projekten hervor, die „ohne demokratische Abstimmungsprozesse umgesetzt werden“.

Dabei wissen wir aus Tibet, dass die chinesischen Behörden ihre Großprojekte häufig mit entschädigungslosen Enteignungen und zwangsweisen Umsiedlungen vorantreiben; wer dagegen protestiert, landet nur allzu häufig in chinesischer Haft, wo den Inhaftierten regelmäßig Folter und Misshandlung drohen.

Die Staudamm-Proteste im nordosttibetischen Derge etwa hatten Anfang des Jahres Massenverhaftungen zur Folge, wertvolle Kulturgüter wurden den Fluten eines künstlichen Stausees geopfert.

Geschöntes Bild der KP-Diktatur

Lamby-Schmitt schreibt, dass häufigere und heftigere Naturkatastrophen sowie Rekordtemperaturen in den chinesischen Staatsmedien „meist nicht mit dem menschengemachten Klimawandel in Verbindung gebracht“ würden. An dieser Stelle hätte man sich einen Hinweis darauf gewünscht, dass es einen Grund hat, wenn die chinesischen Propagandamedien nicht so gerne über die Verbindung zwischen Naturkatastrophen und dem von Menschen verursachten Klimawandel berichten. Schließlich ist die chinesische KP-Führung selbst in herausragender Weise dafür verantwortlich, dass die chinesischen Treibhausgas-Emissionen weiter steigen.

Und so könnte bei vielen Lesern am Ende ein Fazit stehen, mit dem die KP-Diktatur gut leben kann. Viel zu gut, wenn man das ganze Bild berücksichtigt. Und langfristig gefährlich, wenn diese Leser den falschen Schluss ziehen, dass Peking lediglich das Wohl des Planeten und der Menschheit im Auge habe.

Denn am Ende interessiert die chinesischen Machthaber in erster Linie der Ausbau ihrer eigenen Macht. Darauf hinzuweisen und davor zu warnen aber wäre die vornehmste Aufgabe aller China-Korrespondenten.

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