Pressemitteilung: Lange Haftstrafen für sechs Tibeter nach Selbstverbrennung / Weitere Verfahren zu befürchten / Kirti Rinpoche: Vorwürfe konstruiert
Berlin, 5. Februar 2013. Ein chinesisches Gericht hat am 31. Januar sechs Tibeter zu Haftstrafen zwischen drei und zwölf Jahren verurteilt. Das Volksgericht des Landkreises Sangchu (chin.: Xiahe) in der Tibetisch Autonomen Präfektur Kanlho (chin.: Gannan) der Provinz Gansu befand die Angeklagten der vorsätzlichen Tötung von Dorje Rinchen für schuldig, der sich am 23. Oktober 2012 in der Nähe des bedeutenden Klosters Labrang selbst in Brand gesetzt hatte und noch an Ort und Stelle seinen Verletzungen erlegen war. Damals hatte die lokale tibetische Bevölkerung anrückende chinesische Truppen daran gehindert, sich des Leichnams von Dorje Rinchen zu bemächtigen, und ihn stattdessen in sein nahe gelegenes Heimatdorf gebracht, wo die vorgeschriebenen Gebete und Rituale vollzogen wurden. In der tibetischen Kultur gilt dies als wichtige Voraussetzung für eine ungestörte Wiedergeburt und hat daher einen hohen Stellenwert. Es wird vermutet, dass sich die sechs Angeklagten unter der Volksmenge befunden haben, von einer hervorgehobenen Rolle der Männer ist bislang nichts bekannt. Warum gerade sie vor Gericht gestellt wurden, bleibt daher unklar. Tibetischen Exilquellen mit Kontakten in die Region zufolge handelt es sich bei den sechs Verurteilten um
Pema Dhondup (männlich, 12 Jahre Haft),
Kalsang Gyatso (männlich, 11 Jahre Haft),
Pema Tso (weiblich, 8 Jahre Haft),
Lhamo Dhondup (männlich, 7 Jahre Haft)
Digkar Gyal (männlich, 4 Jahre Haft) und
Yangmo Kyi (weiblich, 3 Jahre Haft).
Die sechs Verurteilungen erfolgten nur wenige Tage, nachdem ein weiteres chinesisches Gericht das erste Verfahren nach einer neuen Richtlinie geführt hatte, derzufolge „Personen, die aktiv daran mitwirken, andere zu Selbstverbrennungen anzustiften, zu nötigen, zu verleiten, Beihilfe zu leisten oder sie dabei zu unterstützen“, sich des Mordes schuldig machen. Das Gericht im osttibetischen Ngaba (chin.: Aba) verurteilte den tibetischen Mönch Lobsang Kunchok zum Tode und seinen Neffen Lobsang Tsering zu 10 Jahren Haft. Die Urteile ergingen aufgrund des Vorwurfs der “Anstiftung” sowie der “Nötigung” von Selbstverbrennungen. Die beiden Gerichtsurteile gelten als Belege für den Versuch der Behörden, das persönliche Umfeld von Tibetern, die sich aus Protest gegen die chinesische Politik selbst angezündet haben, zu kriminalisieren.
Es ist zu befürchten, dass es zu weiteren Verfahren dieser Art kommen könnte. So verkündete Wei Jianrong, Parteisekretär des Präfekturkomitees von Kanlho (chin.: Gannan), am 23. Januar, dass die Behörden eine Reihe von Festnahmen vorgenommen hätten, die im Zusammenhang mit den vorausgegangenen Selbstverbrennungen stünden. Möglicherweise waren darunter auch die inzwischen Verurteilten von Sangchu. Der Parteisekretär sprach davon, die Behörden könnten im Fall von 21 Selbstverbrennungen Erfolge vermelden. Wörtlich sagte er, „18 Fälle wurden aufgeklärt, fünf Fälle an die Gerichte weitergeleitet und 16 Personen wegen der Beteiligung an der Organisation und Planung von Selbstverbrennungen festgenommen“.
Unterdessen hat sich auch Kirti Rinpoche, das im nordindischen Dharamsala lebende Oberhaupt aller Kirti-Klöster in Tibet und im Exil, zu Wort gemeldet. Am 4. Februar sagte der Abt vor der indischen Presse, dass die chinesischen Gerichte bei allen acht Verurteilungen wegen der angeblichen Beteiligung an Selbstverbrennungen es nicht vermocht hätten „auch nur einen konkreten Beweis zu liefern“. Stattdessen hätten sie Freunde und Verwandte derjenigen verhaftet, die sich aus Protest gegen die chinesische Politik selbst angezündet hatten, hätten künstliche Anklagepunkte geschaffen und „Beweise“ konstruiert. Bei der Verurteilung von Lobsang Kunchok und Lobsang Tsering hatten die Ankläger behauptet, die beiden hätten in direktem Kontakt mit der Mediengruppe des Klosters Kirti in Dharamsala gestanden. Dies wurde von Kirti Rinpoche zurückgewiesen. Zu keiner Zeit habe ein solcher Kontakt bestanden. Kirti Rinpoche bestritt auch die Berichte der staatlichen chinesischen Medien, denen zufolge bei dem Verfahren gegen Lobsang Kunchok und Lobsang Tsering in Ngaba auch Verwandte der beiden unter den mehr als 100 Zuschauern im Gerichtssaal anwesend gewesen wären. Tatsächlich habe es sich bei diesen ausschließlich um Offizielle gehandelt, so der Abt weiter. Kirti Rinpoche wörtlich: „Es ist klar, dass sie aufgrund erzwungener Geständnisse verurteilt wurden. Ich fürchte um ihr Leben.“
Weitere Einzelheiten können Sie im Anhang unserem Bericht "Six Tibetans sentenced for ‚intentional homicide‘ as official drive to criminalize self-immolations continues in Tibet" entnehmen.

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Berlin, 16. März 2011. Der 21 Jahre alte tibetische Mönch Phuntsog aus dem Kloster Kirti in Ngaba (chin.: Aba) in der chinesischen Provinz Sichuan hat sich heute Morgen öffentlich angezündet und ist anschließend seinen Verletzungen erlegen. Augenzeugen in Kontakt mit tibetischen Exil-Quellen zufolge soll die Polizei die Flammen gelöscht und auf Phuntsog eingeschlagen haben. Kurz danach sei der Mönch gestorben. Die Selbstverbrennung Phuntsogs fiel zusammen mit dem dritten Jahrestag der blutigen Niederschlagung des friedlichen Protests im Kloster Kirti im Jahre 2008. Dabei waren mindestens zehn Tibeter von chinesischen Sicherheitskräften erschossen worden.

Der Tod Phuntsogs führte anschließend zu einer großen Demonstration, an der sich mehrere Hundert Mönche und weitere Tibeter beteiligten, wie dieselben Quellen berichten. Diesen Protestzug habe die Polizei gewaltsam gestoppt und dabei eine unbekannte Anzahl von Mönchen verhaftet sowie protestierende Tibeter geschlagen. Der Leichnam Phuntsogs wurde unterdessen ins Kloster Kirti zurückgebracht. Wie ein tibetischer Mönch im nordindischen Dharamsala sagte, seien die Mönche in Kirti „eher bereit zu sterben, als Phuntsogs Leiche den chinesischen Behörden zu übergeben“. Inzwischen soll das Kloster von chinesischem Militär umstellt sein, offenbar seien auch einige Telefonverbindungen unterbrochen worden.

Die Selbstverbrennung Phuntsogs ist bereits die zweite im Kloster Kirti seit dem Frühjahr 2008. Im Februar 2009 hatte sich der Mönch Tapey ebenfalls in Brand gesetzt, nachdem eine Gebetszeremonie innerhalb des Klosters von den chinesischen Behörden untersagt worden war. Tapey überlebte, wurde allerdings anschließend inhaftiert. Wo er derzeit festgehalten wird, ist unbekannt. Nach Einschätzung der International Campaign for Tibet (ICT) ist der aktuelle Vorfall in hohem Maße erschütternd. Phuntsogs Selbstverbrennung zeige auf drastische Art die Verzweiflung der Tibeter über die kompromisslose Linie Pekings in ihrer Heimat.

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