Europäer ohne klare Linie in Tibet-Frage

Am 20. Mai fand in Prag der im vergangenen Dezember abgesagte EU-China-Gipfel statt. Grund für die Absage: Frankreichs Staatspräsident Sarkozy hatte den Dalai Lama getroffen. Die Bedeutung der Tibet-Frage für die wechselseitigen Beziehungen ist daher kaum zu überschätzen. Kai Müller, Geschäftsführer der International Campaign for Tibet (ICT), sagt dazu: „Eine klare und unzweideutige Haltung der gesamten EU in der Tibet-Frage ist enorm wichtig. Die Europäer dürfen sich nicht von der chinesischen Regierung spalten lassen. Die unklare europäische Haltung zur Tibet-Frage ist ein schwerer strategischer Fehler, mit dem sich die EU nur selbst Schaden zugefügt hat.“ Die Mitgliedsstaaten der EU müssen sich solidarisieren und sich nicht gegenseitig in den Rücken fallen, wenn ein Land wegen der Tibet-Frage die Ungnade Pekings zu spüren bekommt.
Die International Campaign for Tibet veröffentlichte aus Anlass des Gipfels ein Policy-Paper mit Empfehlungen an die Adresse der EU-Mitgliedstaaten. Unter anderem fordert ICT die EU darin auf,

  • eine klare und einheitliche Position in der Tibet-Frage zu entwickeln und zu vertreten, sowie
  • mit Blick auf zukünftige Europa-Besuche des Dalai Lama einen Gemeinsamen Standpunkt zu verabschieden, mit dem Inhalt, dass jeder Mitgliedsstaat das uneingeschränkte Recht hat, den Dalai Lama zu empfangen.

Alle Empfehlungen und das Papier im englischen Wortlaut können Sie hier einsehen. Ebenso finden Sie auf unserer Homepage die deutschsprachige ICT-Pressemeldung.
Ersten Pressemeldungen zufolge, konnten sich beide Seiten nicht auf eine gemeinsame Abschlusserklärung einigen. Der chinesische Regierungschef Wen Jiabao verbat sich in scharfem Ton jede „Einmischung in die inneren Angelegenheiten“ Chinas. Ursprünglich hatte der Entwurf unter anderem einen Passus enthalten, in dem sich beide Seiten zu "internationalen Menschenrechtsstandards einschließlich der Meinungsfreiheit und der Rechte von Angehörigen von Minderheiten" bekennen. ICT wird weiterhin aufmerksam beobachten, ob die Europäische Union auch in der Praxis zu ihren erklärten Grundwerten steht.

Aktuelles aus Tibet: Proteste von Schülern – Mönch wieder freigelassen

Mehrere hundert Schüler einer tibetischen Mittelschule haben Ende April in Labrang (Chinesisch: Xiahe) mutig gegen die forcierte „patriotische Erziehung“ durch die lokalen Behörden protestiert. Anstatt zum Unterricht zu gehen, zogen die Schüler Berichten zufolge um acht Uhr morgens durch die Straßen der Stadt, wobei sie in Sprechchören Freiheit und Demokratie sowie die Rückkehr des Dalai Lama nach Tibet gefordert haben sollen. Auf Bildmaterial, das der tibetische Dienst von Voice of America veröffentlicht hat, sind unter den Protestierenden neben Schülern auch einige ältere Jugendliche und Erwachsene zu erkennen. Bewaffnete Polizei und Militär sollen alle Teilnehmer an dem Protestzug verhaftet und teilweise geschlagen haben. Inzwischen scheinen alle wieder auf freiem Fuß zu sein. Gut informierten Kreisen zufolge war der Protest eine Reaktion auf verstärkte Bemühungen des chinesischen Staates, nun auch in den tibetischen Gebieten außerhalb der Autonomen Region Tibet (TAR), die Menschen zu zwingen, öffentlich den Dalai Lama herabzuwürdigen und ihre Unterstützung der offiziellen politischen Linie zu bekunden. Zu ähnlichen Protesten soll es auch an der tibetischen Mittelschule in Sangchu gekommen sein. Auf der englischen Seite der International Campaign for Tibet können Sie sich detailliert informieren.
Nach sechs Monaten in Haft wurde der tibetische Mönch Jigme Guri am 3. Mai von den Behörden freigelassen, ohne dass es zu einer Anklageerhebung gekommen wäre. Guris Fall hatte weltweites Aufsehen erregt, weil er es gewagt hatte, in einem später auf YouTube veröffentlichten Video offen über seine Folterung durch chinesische Sicherheitskräfte zu sprechen. In dem Video, dessen Text in englischer Transkription ebenfalls im Internet abgerufen werden kann, beschreibt er darin außerdem die Folter und Misshandlung weiterer Mönche aus dem Kloster Labrang, die es gewagt hatten, am 10. April 2008 gegenüber einer Delegation internationaler Journalisten offen über ihre Situation zu berichten. Guris Freilassung steht offenbar in Zusammenhang mit dem öffentlichen Druck, der sich entwickelte als die bekannten chinesischen Menschenrechtsanwälte Li Fangping und Jiang Tianyong dem Mönch ihre Hilfe anboten. Li Fangping hatte erst kürzlich für Aufsehen gesorgt, als er die Verteidigung des bekannten tibetischen Lamas Phurbu Rinpoche übernahm. Einen ausführlichen englischsprachigen Bericht können Sie hier lesen.

Erfolgreiche Proteste – Dalai Lama nun wieder willkommen in Südafrika

Es hagelte weltweiten Protest, als die Regierung Südafrikas sich im März weigerte, dem Dalai Lama ein Visum zur Teilnahme an einem “Friedensgipfel” im Lande auszustellen. Der umstrittenen Entscheidung vorausgegangen war heftiger Druck von Seiten Chinas. Auch die International Campaign for Tibet schloss sich den Protesten an mit dem Aufruf zu einem E-Mail-Alert an die Adresse Südafrikas. Viele Bezieher dieses Newsletters Folge machten dabei mit. 
Ihnen allen unseren ganz herzlichen Dank dafür!
Die neue Regierung Südafrikas hat nun eine radikale Kehrtwende vollzogen. Am 14. Mai sagte Maite Nkoane-Mashabaneshe, Südafrikas Ministerin für Internationale Beziehungen und Zusammenarbeit, “Wie jedem anderen Bürger dieses Planeten auch, steht es dem Dalai Lama frei, unser Land zu besuchen.“ Man habe die Angelegenheit im März nicht „klar kommuniziert“, sagte die Ministerin. Offiziell war die verweigerte Visumserteilung damit begründet worden, der Besuch des Dalai Lama bedeute eine Störung der Vorbereitungen auf die Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika im kommenden Jahr. Dahingegen ist der vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag per Haftbefehl gesuchte sudanesische Staatspräsident Omar Al-Baschir offenbar weniger störend. Er war ganz offiziell zur Amtseinführung von Südafrikas neuem Präsidenten Jacob Zuma eingeladen worden.

Spanisches Gericht lädt chinesische Funktionäre vor

Die Mühlen der Justiz mögen nicht die schnellsten sein, doch dafür mahlen sie zumindest in Spanien äußerst beharrlich. Santiago Pedraz, Ermittlungsrichter am Nationalen Gerichtshof in Madrid hat Anfang des Monats das chinesische Justizministerium informiert, dass er beabsichtige, acht hohe Funktionäre in China zu verhören, sollten sie ihren Vorladungen nach Spanien nicht nachkommen. Bereits im vergangenen August hatte Richter Pedraz die Klage mehrerer Menschenrechtsorganisationen zugelassen. Diese hätten im Zusammenhang mit der gewaltsamen Niederschlagung der überwiegend friedlichen Proteste in Tibet im März 2008 einen „ Angriff gegen die Zivilbevölkerung geleitet, der mindestens 203 Todesopfer, mehr als tausend Verletzte und 5972 illegal Verhaftete und Verschwundene zur Folge hatte“, und als Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingestuft werden kann. Zu dem zu Grunde liegenden Beweismaterial gehören mehrere ICT-Berichte, ICT-Mitarbeiter sagten vor dem Gericht aus.
Nach dem „Weltrechtsprinzip“ können im Falle von Verbrechen gegen die Menschlichkeit alle Staaten juristisch tätig werden, auch wenn es – wie im vorliegenden Fall – keine direkte Verbindung zwischen Tatland und Anklageland gibt. Insgesamt sind in Spanien derzeit über ein Dutzend Ermittlungsverfahren nach dem „Weltrechtsprinzip“ anhängig, unter anderem gegen die USA wegen Folter in Guantanamo und gegen Israel wegen der Ermordung eines Hamas-Führers im Jahr 2002, bei der 14 weitere Menschen getötet wurden. Die chinesische Regierung hat Spanien bereits gewarnt, die bilateralen Beziehungen könnten schweren Schaden nehmen, sollte Richter Pedraz seine Ermittlungen weiter fortsetzen. Theoretisch könnte die spanische Regierung bei Interpol einen internationalen Haftbefehl für die beklagten Funktionäre beantragen, sollten diese der Vorladung nicht nachkommen bzw. dem Ermittlungsrichter nicht alternativ ihre Verhörung in China gestattet werden. Ein Vertreter der chinesischen Botschaft in Madrid teilte inzwischen mit, dass der Richter nach seiner etwaigen Einreise in China sogleich „wegen Verleumdung verhaftet“ würde und dann bekäme, „was er verdient“.

Unsere Arbeit

Kampagnenarbeit, Hilfsprojekte, politische Arbeit und mehr: Hier finden Sie weitere Informationen über unsere aktive Arbeit für die Menschen in Tibet. Mehr über unsere Arbeit

Tibetische politische Gefangene brauchen unsere Unterstützung!

Die Situation in Tibet ist eine Menschenrechtskrise, die uns alle angeht. Helfen auch Sie wie Schauspieler Hannes Jaenicke bei unserer Kampagne für tibetische Gefangene auf www.missingvoices.net oder sehen Sie ein Statement von Hannes Jaenicke auf unserer Webseite, laden Sie ein eigenes Videostatement hoch oder nehmen Sie an unserer Appellaktion an Staatspräsident Hu Jintao teil!
Seit den landesweiten Protesten im letzten Jahr befinden sich immer noch mehr als 1.200 Tibeter in Haft oder sind „verschwunden“ – und müssen mit großer Wahrscheinlichkeit Folter und Misshandlungen hinnehmen. Der Grund: viele haben auf friedliche Weise gegen die Verhältnisse in Tibet und die Politik Pekings auf dem Hochland protestiert. Grundlegende Rechte werden ihnen damit systematisch vorenthalten.

Tibetische politische Gefangene brauchen unsere Unterstützung!

Seit den landesweiten Protesten im letzten Jahr befinden sich immer noch mehr als 1.200 Tibeter in Haft oder sind „verschwunden“ – und müssen mit großer Wahrscheinlichkeit Folter und Misshandlungen hinnehmen. Der Grund: viele haben auf friedliche Weise gegen die Verhältnisse in Tibet und die Politik Pekings auf dem Hochland protestiert. Grundlegende Rechte werden ihnen damit systematisch vorenthalten.
Die Situation in Tibet ist eine Menschenrechtskrise, die uns alle angeht. Helfen auch Sie wie Schauspieler Hannes Jaenicke bei unserer Kampagne für tibetische Gefangene auf www.missingvoices.net oder sehen Sie ein Statement von Hannes Jaenicke auf unserer Webseite, laden Sie ein eigenes Videostatement hoch oder nehmen Sie an unserer Appellaktion an Staatspräsident Hu Jintao teil!

So können Sie helfen!

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Mit 5 € können Malstifte und Zeichenblöcke gekauft werden.
Mit 50 € können 5 warme Decken gegen die Kälte bezahlt werden.
Mit 250 € könnten fünf zusätzliche Betten angeschafft werden.
Internationaler Vorsitzender ist der bekannte Schauspieler Richard Gere (Foto). Er setzt sich bereits seit vielen Jahren aktiv für die Freiheit und die Selbstbestimmung Tibets ein.

ICT – News April 2009 Chinesisches Gericht verhängt Todesstrafe gegen Tibeter

Am 8. April hat das Mittlere Volksgericht in Lhasa zwei Tibeter zum Tode verurteilt. Ihnen wird vorgeworfen, Geschäfte von Han-Chinesen in Brand gesetzt zu haben und dadurch den Tod mehrerer Menschen verursacht zu haben. Es handelt sich dabei um die ersten Todesurteile im Zusammenhang mit den Unruhen in Lhasa vom März 2008. Insgesamt wurden vor dem Mittleren Volksgericht in Lhasa drei Fälle von Brandstiftung verhandelt, die sich einem Bericht der amtlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua zufolge alle am 14. März 2008 ereignet haben sollen. Dabei hätten sieben Menschen den Tod gefunden. Zwei Angeklagte, deren Namen von Xinhua mit Losang Gyaltse und Loyar angegeben wurden, erhielten die Todesstrafe, zwei weitere Todesstrafen ergingen mit zweijährigem Aufschub, ein Angeklagter erhielt lebenslänglich. Todesstrafen mit Aufschub können in China bei guter Führung in lebenslange Haft umgewandelt werden. 
Der Meldung zufolge seien zwar alle fünf Angeklagten von Rechtsanwälten vertreten worden. Aus früheren Fällen ist jedoch bekannt, dass eine freie Wahl des Anwalts häufig unmöglich ist. So wurden im vergangenen Jahr 18 engagierte Bürgerrechtsanwälte massiv bedroht, sollten sie ihre Dienste Angeklagten in politisch sensiblen Verfahren anbieten. Generell muss davon ausgegangen werden, dass in solchen Fällen internationale Mindeststandards nicht eingehalten werden. Folter und Einschüchterung der Angeklagten sind an der Tagesordnung, die Gerichte stehen unter hohem Druck, ihre Urteile entsprechend den Erwartungen der politischen Führung zu fällen. ICT fordert die chinesischen Behörden auf, alle Urteile, die gegen Teilnehmer an den Protesten in Tibet vom März 2008 ergangen sind, unter der Teilnahme unabhängiger Beobachter zu überprüfen und in jedem Fall von der Anwendung der Todesstrafe abzusehen. Die Härte der ergangenen Urteile dürfte in keiner Weise geeignet sein zu einer Beruhigung der Lage beizutragen. Die Spannungen in Tibet dürften dadurch im Gegenteil nur noch erhöht werden.
Wenn Sie mehr über unseren weltweiten Einsatz für das tibetische Volk erfahren möchten, sehen Sie das
ICT-Video „20 Years ICT“.

„Tag der Befreiung der Leibeigenen“ provoziert Widerspruch

Mit großem Aufwand inszenierte die chinesische Staatsführung am 28. März in Lhasa die Feierlichkeiten zum „Tag der Befreiung der Leibeigenen“ in Tibet. Tatsächlich aber markiert das Datum den 50. Jahrestag der Niederschlagung des tibetischen Volksaufstands. Damit begann die Phase der direkten Herrschaft Pekings über Tibet. Am 28. März verkündete der chinesische Ministerpräsident Zhou Enlai die Auflösung der tibetischen Regionalregierung. Dies bedeutete das vorläufige Ende des tibetischen Volksaufstands, der am 10. März begonnen hatte. In seinem Verlauf verloren mehrere zehntausend Tibeter ihr Leben, der Dalai Lama musste – begleitet von zahlreichen Flüchtlingen – seine Heimat verlassen und lebt seither im indischen Exil. Der neue Feiertag muss als Reaktion auf die massiven Proteste im März 2008 gesehen werden. Diese machten aller Welt deutlich, dass die chinesische Herrschaft von den Tibetern keineswegs als Befreiung empfunden wird. Mit massiver Propaganda soll nun der große Fortschritt gewürdigt werden, den China angeblich nach Tibet gebracht hat. Vor allem der chinesischen Öffentlichkeit gegenüber wird deshalb betont, wie unsagbar rückständig die gesellschaftlichen Verhältnisse in Tibet gewesen seien. Dabei wird vom Dalai Lama keineswegs bestritten, dass Tibet vor 1959 eine äußerst arme Gesellschaft war und dass es große Ungerechtigkeiten gab. Klar ist, dass der Dalai Lama längst schon Reformen eingeleitet hatte und Tibet auch ohne chinesische Herrschaft seinen eigenen Weg der Modernisierung gegangen wäre. Insofern ist der „Tag der Befreiung der Leibeigenen“ eine Provokation für die tibetische Bevölkerung und ein Schlag ins Gesicht all derjenigen, die an einer Entspannung der Lage interessiert sind.

Missing Voices – prominente Unterstützer jetzt online

Neue prominente Unterstützer auf der neuen ICT-Webseite für politische Gefangene: Burkhardt Müller-Sönksen (FDP), Obmann im Menschenrechtsausschuss des Deutschen Bundestages, Thomas Mann (CDU), Präsident der Tibet-Intergroup im Europäischen Parlament, jetzt mit Statements auf www.missingvoices.net. Machen Sie mit: auch Sie können uns Ihr Video zuschicken und damit den vielen inhaftierten Tibetern symbolisch eine Stimme verleihen! Vielen Dank!

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